Kategorie: Diskurs

  • Besuch der Ausstellung Moderne II in der Moritzburg

    Besuch der Ausstellung Moderne II in der Moritzburg

    Ihre Arbeit „Sieben Module“, Ton, 2,5 x 0,5 x 0,5 m, 1992, wurde durch das Land Sachsen-Anhalt angekauft und dem Museum als Dauerleihgabe übergeben. In der Ausstellung Moderne II ist die Skulptur zum ersten Mal öffentlich zu sehen. Ute Lohse arbeitet seit ihrem Studium an der Burg Giebichenstein (1964 -1971) als freischaffende Künstlerin in Halle. In ihren keramischen und architekturbezogenen Arbeiten untersucht sie das Wechselspiel von Räumlichkeit und Fläche und sucht nach formalen Ordnungsprinzipien die dem Gedanken einer universellen Ordnung hinter den Dingen entspringen.

    Die neue Schau im oberen Westflügel der Moritzburg zeigt malerische und plastische Positionen im Umfeld Konkreter Kunst. So stehen dort nun Werke von Hermann Glöckner, Horst Bartnig, Karl-Heinz Adler oder Ludwig Erler im temporären oder dauerhaften Dialog mit Arbeiten von Imi Knoebel, Günther Förg oder Edda Jachens.

    Deutlich herausgearbeitet und auch im Zusammenhang mit der parallelen Dauerstellung Moderne I zeigt sich dabei die kunsthistorisch starke regionale Verankerung geometrisch-abstrakter Kunstauffassungen. Schon Theo van Doesburg als Schöpfer des Terminus „Art concrete“ wirkte in den zwanziger Jahren in Weimar, Dessau oder Halle und vertrat sein Paradigma im Zeichen von Reduktion und klarer architektonischer Konstruktion. 1929 erwarb der damalige Moritzburg-Direktor Alois J. Schardt ein Konvolut von 46 Werken des führenden russischen Konstruktivisten El Lissitzky. Auch Arbeiten des damaligen Bauhaus-Absolventen Fritz Winter wurden von Schardt noch in den dreißiger Jahren angekauft. Winter lebte zu diesem Zeitpunkt in Halle und stand in engem Austausch mit Erwin Hahs, der ebenfalls mit einer abstrakten Arbeit von 1932 in ‚Moderne I‘ vertreten ist.

    Obwohl nicht gegenständliche Kunst spätestens ab 1952 zu einem Schattendasein verdammt war, erweiterte die Moritzburg auch zu DDR-Zeiten die Sammlung konkreter und konstruktivistischer Positionen weiter. So gelangten Arbeiten von Glöckner, Bartnig, Adler oder Erler in den Bestand, der nach 1990 um weitere Leihgaben und Schenkungen ergänzt wurde.

    Wenige Monate nach dem Abschied von der Sammlung Gerlinger, so Moritzburg-Chef Bauer-Friedrich im August 2017 * , sehe sich das Museum „das erste Mal in der Geschichte der Moritzburg“ in der Lage, nun endlich die eigenen Sammlungen wirkungsvoll und angemessen präsentieren zu können.

    Dass mit der Ausstellung Moderne II zugleich eine gangbare Brücke in unsere künstlerische Gegenwart errichtet wird ist ein zumindest ebenso wesentlicher Aspekt dieser neuen Situation.

    * LR Online ,https://www.lr-online.de/nachrichten/kultur/moritzburg-startet-neue-dauerausstellung_aid-2548365

  • Hausbesuch

    Hausbesuch

    Das Angebot der Leitung der Halleschen Oper zu einer Begegnung traf auf die Neugier unserer Mitglieder, und so war es ein erwartungsvolles Kennenlernen in den Atelierräumen der Otto-Stomps-Straße am Vorabend der Fidelio-Premiere in Halle. Sehr schnell waren nach einem gegenseitigen Vorstellen gemeinsame Themen gefunden und die lebhaften Gespräche und Diskussionen zwischen Intendant Florian Lutz, seinen Kollegen Michael v. zur Mühlen, Ann-Kathrin Franke und Jeanne Bindernagel und den anwesenden Künstlern der Akademie zeigten, wie vielfältig die Grundlagen und Intentionen und wie gemeinsam die Motivationen sind.

    Das Wagnis gerade in Halle Musiktheater grundsätzlich zu befragen und um Möglichkeiten zeitgenössischen Theaters in einem Opernhaus zu ringen, ist ein ermutigendes Signal. Daß darüberhinaus die Intendanz des Hauses sich auf den Weg macht und das Gespräch sucht mit gleich und ähnlich gesinnten, aber durchaus auch gerade mit Kritikern dieses künstlerischen Umbruchs an der halleschen Oper, ist weit mehr als ein bloßes Signal. Es ist die Bekräftigung des Anspruchs aktiven Wirkens in der Welt.
    Der Impuls alles Zeitgenössischen ist immer Aufbruch. Die Formen in denen das geschieht sind allem Verharrenden und Bewahrenden oft fremd (Oper als Synonym für musikalische Denkmalpflege). Es muß daraus jedoch nicht zwingend Feindschaft entstehen, und Halle ist mit der Moritzburg ein hervorragendes Beispiel hierfür. Die Bewahr-Institution Kunstmuseum schwang sich im frühen 20.Jahrhundert für einen kurzen Moment ihrer Geschichte auf zum herausragenden Förderer und Partner solcher Aufbrüche.

    Vielleicht ist der derzeitige Versuch historische und zeitgenössische Stoffe aus einem gleichen Denken heraus, aus einem Reflektieren unserer Zeit zu entwickeln und auf die Bühne zu bringen ein heutiger Beweis dafür, daß der kurze Moment Gegenwart auf Augenhöhe steht mit den künstlerischen Vorgängern in der Vergangenheit.
    Der Kerngedanke unserer Akademie ist das Gespräch von Künstlern aller Sparten miteinander auf der Basis gegenseitiger Kenntnis der Arbeit. Der Gedanke des Zeitgenössischen ist verbindendes Glied bei aller Unterschiedlichkeit. Und so danken wir dem Opernhaus für einen lebendigen und inspirierenden Akademie-Abend und für eine Gesprächseröffnung die uns ein Versprechen ist, welches es von beiden Seiten zu erfüllen gilt.

  • Ostdeutsches Klassentreffen im Tiergarten

    Ostdeutsches Klassentreffen im Tiergarten

    Präsentiert wird der Briefwechsel von Kurt Bartsch und Wasja Götze „In all dem herrlichen Chaos“. Der absonderliche Charme des Akademie-Betonbaus passt sehr gut zur Versammlung der 200 Gäste. Es ist ein Klassentreffen mit Patina. Fast alle kennen sich, großes Hallo, Umarmungen, Küsschen. Ob sich denn auch alle mögen, steht dahin. Einige Quoten-Wessis hat es auch in den Tiergarten verschlagen, Johano Strasser wird gesichtet. Insgesamt ist es aber eine Zusammenkunft ostdeutscher Provenienz.

    Irene Böhme hat den Briefwechsel des Berliner Dichters Kurt Bartsch (1937 – 2010) und des Hallenser Malers Wasja Götze (* 1941) aus der Zeit von 1982 bis 1989 herausgegeben und mit einem klugen Nachwort versehen. Der Mitteldeutsche Verlag in Halle (Saale) hat den Band gedruckt. Es ist eine sorgfältige, schön gearbeitete Ausgabe, vor allem die farbigen Repros der Malerbriefe Wasja Götzes sind ein Vergnügen.

    Bartsch und Götze lernen sich im Frühjahr 1972 in einer Berliner Bar kennen, der Berliner und der Sachse lieben sich wirklich inniglich, das wird schnell klar. Kurt Bartsch gehört 1976 zu den Unterzeichnern der Biermann-Petition und 1979 zu den Ausgeschlossenen aus dem Schriftstellerverband der DDR. 1980 wechselt er nicht nur die Straßenseite und reist nach West-Berlin aus. Die Freundschaft von Bartsch und Götze findet nun zwangsläufig in Briefen ihre Fortsetzung, keine nächtelangen Debatten um Gott, die Welt und die Frauen mehr, keine gemeinsamen Besäufnisse mehr, das ist hart. Der Inhalt ihrer Briefe kreist um Alltägliches, um Künstlertratsch und bei Wasja Götze permanent um gewünschte Ersatzteile für sein Rennrad. Am Morgen des 10. November 1989 steht dann Götze vor Kurt Bartschs Wohnungstür.

    Aber diese oft witzigen, ironischen Briefe sind nicht nur Zeitzeugnisse einer lang andauernden Freundschaft, sie machen auch die Unterschiede deutlich: Wasja Götze lebt in Halle, die Stadt zerfällt zusehends, viele Freunde stellen Ausreiseanträge, es wird still um ihn, der Markterfolg bleibt aus. Briefe aus der grauen Provinz. Kurt Bartsch hingegen lernt ein Stück Welt kennen, seine Berichte von Treffen mit Schriftstellerkollegen in Amsterdam (Saufen mit Betonung mit Adolf Endler!) und von diversen Theaterskandalen eigener Stücke sind großartig, irgendwie lebendiger als die Radsport-Reportagen von Wasja Götze.

    Das Treffen der Ehemaligen im Tiergarten zur Vorstellung dieses Briefwechsels war nostalgisch gestimmt, die selbstbewussten Gesten waren auch unehrlich. Sieger der Geschichte waren hier nicht vereint, siehe Klaus Schlesinger: „Das, das konnte ich ja nicht wissen.“


    Fotos:
    – Lesung am 08.06.2017 in der Akademie der Künste, Berlin, mit Martin Brambach und Michael Kind, Foto: Manfred Mayer
    – Kurt Bartsch und Wasja Götze, Juli 1992; Foto: Akademie der Künste / Inge Götze


    Kurt Bartsch/Wasja Götze: In all dem herrlichen Chaos. Briefe von 1982 bis 1989, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2017, 320 Seiten,, 24,95 €

  • Crowdfunding für das erste Akademie-Jahresprojekt

    Crowdfunding für das erste Akademie-Jahresprojekt

    Mit dieser Kampagne wollen wir unser Projekt auf die Basis einer breiten Unterstützung stellen. Neben beantragter öffentlicher Fördermittel ist Eure/Ihre finanzielle Unterstützung unserer Arbeit für uns wichtigste Grundlage.
    Wir haben das Projekt „Der blinde Fleck“ aus vorangegangenen inhaltlichen Diskussionen und Gesprächen heraus entwickelt. 20 beteiligte Künstler untersuchen in eigenen oder von ihnen eingeladenen Einzelprojekten das Spannungsfeld zwischen den Künsten und der Wirklichkeit. Die Realisierung des Projektes findet an unterschiedlichen Orten in Sachsen-Anhalt statt. Verbunden sind die Teilprojekte über die Aufforderung zum Dialog zum Thema Wirklichkeit. Wir bitten ausdrücklich darum mit uns ins Gespräch zu treten und Eure/Ihre Gedanken einzubringen.

    Gründungsversammlung der Akademie der Künste Sachsen-Anhalt am im Januar 2015

     

    Der Zeitraum des Projektes: März bis Dezember 2017. Ein Programmheft, Flyer und eine Website werden alle Projekte einzeln und in ihrem Zusammenhang vorstellen und eine terminliche Übersicht bieten.

  • Ausstellungsempfehlung

    Ausstellungsempfehlung

    Diese konkrete Malerei überrascht durch ihre vitale Energie einerseits und bedingungsloser Konsequenz in ihren Grundlagen andererseits.

    Horst Bartnig: 280 unterbrechnungen in weiß, streifen in schwarz, 280 unterbrechungen in schwarz, streifen in weiß, 2010, Acryl auf Leinwand, 200 x 800 cm

    Zeitgleich ist noch bis zum 17. April die unbedingt sehenswerte Ausstellung „PETER HERRMANN Malergrüße aus Berlin“ zu sehen.

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    Peter Herrmann: In den sächsischen Wäldern – August 1968, 2003, Öl auf Leinwand © Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen/Repro: Hans-Wulf Kunze

     

    Die Medienlounge des Museums präsentiert die Videoinstallation „Dad’s Stick“ von John Smith.

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    John Smith, Dad’s Stick, Video, 2015, Standbild

  • Nur der Tag darf nicht sein. „Auf­stieg und Fall der Stadt Maha­gonny“ von Brecht/Weill an der Oper Halle

    Nur der Tag darf nicht sein. „Auf­stieg und Fall der Stadt Maha­gonny“ von Brecht/Weill an der Oper Halle

    Das Timing hatte geses­sen: Donald Trump war noch keine 24 Stun­den im Amt, als auf der Hal­le­schen Opern­bühne die neuen Gesetze einer fik­ti­ven Gold­grä­ber­stadt ver­kün­det und die ohne­hin beschä­digte Welt noch ein­mal unter­gangs­reif auf den Kopf gestellt wer­den sollte.
    Noch bevor die Ouver­türe erklang, durfte ein trau­rig klin­gen­der Brecht ganz ohne Vor­hang sein auf­ge­stan­de­nes Publi­kum fra­gen: „Was sind das für Zei­ten?“.

    Fol­ge­rich­tig beginnt der erste Akt mit dem Motiv einer Trau­er­feier. Umge­ben von antik-impe­ria­len Säu­len­gän­gen aus Sty­ro­por- und Bau­schaum thront das Orches­ter auf einer Empore in Schal­ter­hal­len-Optik. Vor die­ser monu­men­ta­len Tri­büne bestei­gen die Dar­stel­ler mit Urnen­ge­fä­ßen nach­ein­an­der ein Red­ner­pult, um mit wei­nen­dem Ges­tus Text­pas­sa­gen und Regie­an­wei­sun­gen aus dem Libretto ins Mikro­phon zu dekla­mie­ren. Ein „Pas­si­ons­spiel über den Kapi­ta­lis­mus“ wolle er auf­füh­ren, hatte Regis­seur Michael von zur Müh­len in einem Gespräch mit dem Brecht­for­scher Gün­ther Heeg erklärt. Der dem Stück inne­woh­nende Nihi­lis­mus sollte dabei in akti­ver „Trau­er­ar­beit“ als „Form der Selbst­er­mäch­ti­gung“ ange­schaut wer­den kön­nen.

    Dass diese Trauer nie­mals über drei Stun­den durch­ge­hal­ten wer­den kann, son­dern umschlägt in gro­teske Komik, ist nur gut und tut dem Gelin­gen des Regie­vor­ha­bens kei­nen Abbruch. Von zur Müh­len weiß zwar auf die Tube zu drü­cken, wenn es etwa um Bil­der über­bor­den­der Deka­denz geht, ver­mei­det dabei aber vor­der­grün­dige Effekte. So herrscht im ers­ten und zwei­ten Akt noch monu­men­tale Strenge, gebro­chen durch Momente melo­dra­ma­ti­scher Per­si­flage. Über weite Stre­cken kann man so rela­tiv unab­ge­lenkt der Kom­po­si­tion und dem Stück fol­gen, ehe sich im Schluss­akt alles zu einem kako­pho­ni­schen Slap­stick-Requiem stei­gert. Diese mutige Grat­wan­de­rung ver­dient Respekt, denn mit einem weni­ger her­vor­ra­gen­dem Ensem­ble hätte das Ganze auch leicht dane­ben gehen kön­nen.

    Letzt­end­lich aber hallte wohl, wenn auch von den Auto­ren Brecht und Weill so nicht beab­sich­tigt, die im Stück geschmähte „ewige Kunst“ als stärks­tes Boll­werk gegen das tobende Nichts in den Zuschau­ern nach. Diese Ein­sicht däm­mert uns heute, wo die „Maha­gon­ni­sie­rung“ der Welt vor­an­ge­schrit­ten ist, die „Tem­pel“ aber, frei nach nach Schil­ler, noch „hei­lig“ sein kön­nen, auch wenn „die Göt­ter längst dem Gespött die­nen“.

    Jörg Wunderlich

    Wei­tere Auf­füh­run­gen: 27. / 29. Januar , 1. / 26. Februar, 24. März,

    Wei­tere Infos ( Link: http://buehnen-halle.de/mahagonny#!/ )

    Foto: © Thea­ter-, Oper und Orches­ter GmbH Halle, Falk Wen­zel

  • Zeitschrift für Kunst in Sachsen-Anhalt

    Die Akademie der Künste Sachsen-Anhalt will hiermit eine Möglichkeit eröffnen gegenwärtigem künstlerischem Denken und den Künsten in Sachsen-Anhalt eine neue Wahrnehmung zu geben. Die Zeitschrift versteht sich als Angebot für einen offenen Dialog zu aktueller Kunst, Gesellschaft und Zukunftsthemen.

    Zeitschrift für Kunst in Sachsen-Anhalt
    Herausgeber: Akademie der Künste Sachsen-Anhalt

    ISBN 978-3-945377-42-0

    1. Auflage 2016 – 2000 Stück
    © Akademie der Künste Sachsen-Anhalt e.V.
    Otto-Stomps-Straße 100
    06116 Halle

    Preis: 5 €
    zu bestellen unter: info@adk-san.de
    Die Publikation erscheint im Auftrag der Akademie der Künste Sachsen-Anhalt e.V. im HASENVERLAG

     

  • Ring frei für die Post-Dramatik: „Bier für Frauen“ von Felicia Zeller in der Theatrale Halle

    „Bier für Frauen“ besteht aus ursprünglich 120 fragmentarischen Trialogen und jeder Menge absurder Regieanweisungen. Eine Einladung also für experimentierfreudige Studiobühnen, die allerdings gespickt ist mit Risiken für die Inszenierung.
    Die Schaustelle Halle nahm die Herausforderung an und brachte unter der Regie von Silvio Beck das Erstlingswerk der mittlerweile gefeierten Autorin Felicia Zeller auf die Bühne. Schon die Besetzung mit dem Diven-Dreieck Conny Wolter, Astrid Kohlhoff und Stefan Ebeling erwies sich als Glücksfall. Letzterer bringt als alternde Drag-Queen im Mittelpunkt des Geschehens eine Portion an genialischem Pfeffer ein. Das minimalistische Bühnenbild besteht aus einem quadratischen Podest in Boxringgröße – einem geeigneten Austragungsort also für all die Verbalattacken, Ichbefragungen und Zeitgeist-Monologe, Slapstick-Faustkämpfe und melodramatischen Verwandlungen, last but not least: auch für überraschenden Show-Glamour mit Tanz und Gesang. Dafür, dass aus einem reinen Sprechstück so zeitweise fast ein kleines „Post“-Musical wurde, sorgte neben den Arrangements von Stefan Ebeling auch die Choreografie von Ellen Brix. Überhaupt passt die vierbuchstabige Standard-Diskurssilbe auf fast alles an diesem Abend: Post-Dramatik, Post-Offtheater, Post-Queer und natürlich auch Post-Post. So gelungen und rund kann sich also Dekonstruktion anfühlen. Die hiesige freie professionelle Theaterszene beweist mit dieser Produktion einmal mehr, dass sie trotz andauernder Unetrfinanzierung in der Lage ist, vitales zeitgenössisches Theater auf deutlich überregionalem Niveau beizusteuern. Der plötzliche Kulturgoldregen aus dem Halleschen Rathaus kommt vielleicht gerade noch rechtzeitig, um diese bemerkenswerte Qualität endlich einmal wirksam zu sichern und zu fördern. Gut auch, dass das Stück im Januar und Februar im Objekt 5 und anderswo weiter zu erleben sein wird. Schließlich handelt es sich bei „Bier für Frauen“ weder um Weihnachts- noch um Antiweihnachtstheater.
    Jörg Wunderlich

    Nächste Aufführungen:
    18. Januar 2017 im Objekt 5, Seebener Straße 5, 06114 Halle (tel.: 0345-47823360)

    Infos unter: http://schaustelle-halle.de/
    Fotos: René Schäffer

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  • Agulem

    Agulem

    Ich schätzte ihn nicht älter als neun. Seine etwas zu groß wirkenden weißen Zähne stehen leicht schief, seine kleinen kräftigen Händen tragen wulstige Narben. Wenn er seine Augen schließt, sieht man, dass einzelne Härchen der Brauen bis auf seine Lider wachsen. Die unteren Wimpern klappen so weit nach oben, dass einige Härchen den Augapfel berühren, die Pupillen schielen weit zur Seite.
    Ich schob Agulem den Löffel mit Brei in den Mund und ein Stück Brot hinterher.

    Seit zwei Monaten lebe ich in Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans und arbeite als Freiwilliger im Kinderzentrum Ümüt-Nadjeshda, einer Bildungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. In der Schule des Zentrums bin ich für Agulems Betreuung zuständig.
    Ich helfe ihm beim Essen und bei der Körperpflege, begleite ihn zu Therapien und beschäftige mich mit ihm. Agulem ist dreizehn Jahre alt, er sieht nahezu nichts und spricht nicht, sondern gibt nur Laute von sich, wie dadldadldadldadldadldadldadl, glaglaglaglaglaglaglaglaglagla und HANG! Er legt eine Hand an seinen Mund und die andere an sein Ohr und macht mongmongmongmongmongmongmong. Es ist nicht leicht zu sagen, wie viel er von dem was man ihm sagt versteht.

    Vor sieben Jahren kam er in den Kindergarten des Zentrums. Seine Behinderung wurde wohl durch eine frühkindliche Hirnschädigung durch Sauerstoffunterversorgung bei der Geburt verursacht.

    Dass ein behindertes Kind in seiner Familie aufwächst, ist in Kirgistan nicht selbstverständlich. Es ist üblich, mit einer Behinderung geborene Kinder unmittelbar nach der Geburt in Heime zu geben und diese Praxis hat eine lange Geschichte. Zu Zeiten der Sowjetunion wurde der Mutter noch im Krankenhaus ein Dokument vorgelegt. Mit ihrer Signatur bestätigte sie darin, sich von der Verantwortung für das Kind loszusagen.
    Heute wird in Kirgistan keine Mutter mehr gezwungen, sich von ihrem Kind zu lösen. Dennoch geben viele ihr Kind freiwillig in Heime ab.

    Die Gründe dafür sind nur bedingt ökonomischer Natur. Denn wie mir die Gründerin des Kinderzentrums, Karla-Maria Schälike, erzählte, gäben auch sehr viele wohlhabende Eltern, die sich eine adäquate Betreuung von Kindern mit Behinderung durchaus leisten könnten, ihre Söhne und Töchter in Heime, wenn eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung diagnostiziert wurde.

    Mitverantwortlich ist dafür die Einstellung der kirgisischen Gesellschaft zu Menschen mit Behinderung, welche sich über die Zeit wenig verändert hat: Nach wie vor wird Behinderung als ein Defekt betrachtet. Eine Förderungsfähigkeit wird diesen Menschen abgesprochen.

    Wer behindert geboren wurde oder in Folge einer Krankheit oder eines Unfalls mit einer Behinderung lebt, gilt als bildungsunfähig und erhält von staatlicher Seite keine Förderung. Dabei wird keinerlei Unterschied gemacht zwischen Kindern mit geistigen Beeinträchtigungen und Kindern, die mit einer körperlichen Behinderung leben, dem Unterricht in einer Regelschule aber eigentlich problemlos folgen könnten.
    Selbst eine Fußfehlstellung kann Grund sein, dass der Zugang zu Bildung verwehrt wird.

    Für Menschen mit Behinderung gibt es wenige Optionen, ihr Leben zu gestalten. Etliche von ihnen bleiben in Heimen. Noch in den 1990er Jahren war die Lage in den staatlichen Kinderheimen allerdings so schlimm, dass viele Kinder eine Unterbringung nicht überlebten. Kinder mit Behinderung bekamen dort keine Förderung und wenn der Wille an manchen Stellen dagewesen sein mag, fehlten schlicht die Kapazitäten, diesen Kindern die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie benötigten.

    Auch Agulem habe, wie mir ein ehemaliger Freiwilliger berichtete, wahrscheinlich eine Zeit lang in einem Kinderheim gelebt, in welchem es ihm nicht gut ging. Jener Freiwillige hat Agulem vor sieben Jahren im Kindergarten des Zentrums kennengelernt. Dort sei der Junge wiederholt mit Wunden erschienen, die er sich selbst zugefügt hatte. So habe er sich seine Hände oft blutig gebissen, die Narben auf seinen Fingerknöcheln scheinen dies zu bezeugen. Ich selbst habe ihn bisher nicht mit frischen Wunden gesehen. Agulem schlägt sich jedoch nach wie vor häufig auf den Kopf oder ins Gesicht. Dazu öffnet er den Mund und schlägt mit der geballten Faust auf den Kiefer.
    Als ich das an meinem Kopf probierte, zuckte dieser zurück, wenn der Schlag den Kiefer traf. Agulems Kopf zuckt nicht.

    Das Stehen und Gehen macht Agulem augenscheinlich Angst. Er klammert sich so an meinen Händen fest, dass es schwer ist, seine Finger von ihnen zu lösen. Seine Schritte sind klein, unsicher und hastig. Obwohl Agulem außer seiner Sehbehinderung keine körperlichen Einschränkungen hat, bewegt er sich nicht selbstständig fort. Setzt man ihn auf den Boden oder auf eine Bank, bleibt er an diesem Platz, bis er abgeholt wird.

    Ich habe mich gefragt, wie wohl Agulems Raumvorstellung aussieht – Ob es sich dabei wohl eher um eine Ansammlung von Plätzen handelt? Die Matratze im Klassenzimmer, der Teppich, auf dem er oft liegt, der Platz am Esstisch, sein Stuhl im Morgenkreis, der Toilettensitz, die Bank vor der Schule, auf der er nach Schulschluss sitzt bis seine Mutter ihn abholt … Die Verbindung dieser Plätze könnte ihm eventuell noch bewusst sein, was er jedoch nicht wahrnimmt, ist die sichtbare Weite eines Raumes. Es ist möglich, dass er keinerlei Vorstellung davon hat, was sich hinter der Bank, auf der er täglich sitzt, befindet.
    Sein Raum ist vielleicht nur vielmehr der Boden, auf dem er steht und sitzt und liegt.

    Interessanterweise lacht Agulem gerade dann besonders oft, wenn er den Bodenkontakt für einen Augenblick verliert: auf der Schaukel, auf dem Trampolin und auf dem Karussell zum Beispiel.

    Vieles was Agulem tut wirkt auf mich wie der Versuch einer Selbstversicherung seines Daseins im Raum – das Sich Schlagen und Beißen, Geräusche, die er von sich gibt und die nicht an Andere adressiert zu sein scheinen, sondern nur Geräusche seines Körpers sind, denen er lauscht, das Werfen seines Kopfes zu einer Seite, das so stark ist, dass man den Widerstand der Halswirbel hören kann und der Genuss, der ihm das Bewegen seines Körpers beim Schaukeln bereitet, wenn Fliehkräfte ihn seine eigene Körperhaftigkeit spüren lassen.

    Was ich mit Agulem übe, ist das Stehen und Gehen. Er bekommt außerdem Therapien zur Sprachbildung und Reittherapie. Wir trainieren auch Toilettengänge, denn bisher trug Agulem immer Windeln. Seine Eigenständigkeit beim Essen soll gefördert werden, indem der Löffel in seine Hand gegeben und nur sein Arm geführt wird. Gehör, Gleichgewichtssinn und Tastgefühl sollen trainiert werden, momentan orientiert sich Agulem in erster Linie an seinem Geruchssinn.

    Bei alledem benötigt Agulem sehr viel Assistenz. Aber ich beobachte kleine Fortschritte. Es ist schön, zu sehen, dass Agulem seinen Löffel mittlerweile etwas eigenständiger hält. Dass er öfter Schritte im Zimmer allein geht, dass er öfter die Toilette benutzt als noch vor zwei Monaten.

    Kürzlich habe ich allerdings erfahren, dass Agulem einmal selbstständig essen konnte. Das hat mich sehr gewundert, da er das eigenständige Essen heute wieder üben muss und ich habe mich gefragt, was die Gründe für sein Vergessen sein könnten.

    Sein Vergessen hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass er von Freiwilligen betreut wird. Das mag den Vorteil mit sich bringen, dass eine große Aufmerksamkeit für ihn gewährleistet ist. Gleichzeitig aber geht damit für ihn ein jährlicher Wechsel der Bezugsperson einher. Wenn ein Freiwilliger seinen Dienst beginnt, ist sein Vorgänger in der Regel bereits abgereist, eine wirkliche Übergabe findet selten statt. Übungen und Ansagen können deswegen nicht nahtlos weitergeführt werden.

    Diesen Umstand halte ich für problematisch. Ich denke, um Agulems Eigenständigkeit zu fördern benötigt es eine konstante Struktur in seinem Tagesablauf. Ändert sich die Struktur oder wird sie nicht konsequent eingehalten, können bereits erlangte Fähigkeiten offensichtlich sehr schnell wieder verloren gehen.

    Ich beobachte aber auch, dass es mir selbst zuweilen nicht gelingt, den Tagesablauf einzuhalten, zum Beispiel weil andere Kinder sehr viel Aufmerksamkeit einfordern oder an anderen Stellen im Kinderzentrum Hilfe benötigt wird. Die Gruppe, in der ich arbeite, besteht derzeit aus zwei Klassen. Drei Erzieherinnen und zwei Freiwillige betreuen elf Kinder im Alter von neun bis fünfzehn Jahren mit unterschiedlichsten Behinderungen, darunter Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, die nicht aus den Augen gelassen werden können.

    Agulem ist ein ruhiges Kind. Man kann ihn in eine Ecke setzen, ohne befürchten zu müssen, dass er wegläuft. Für einen Betreuer ist es in stressigen Situationen dann manchmal einfacher ihm Windeln anzuziehen, anstatt aller zwei Stunden mit ihm die Toilette aufzusuchen und dort fünfzehn Minuten auf ihn zu warten. Es geht schneller, ihn zu füttern, anstatt zu warten, bis er den Löffel selbstständig bewegt oder ihn im Rollstuhl zu schieben, anstatt ihn kleine Schritte gehen zu lassen.

    Dabei mag man es gut mit ihm meinen, aber man gibt ihm doch nicht die Zeit, die er bräuchte, eigenständiger zu gehen oder zu essen und verhindert eine Entwicklung, indem man ihm zu vieles abnimmt.

    Mir scheint, es geht bei der Arbeit mit einem behinderten Menschen also gar nicht nur um die Vermittlung eines Wissens, sondern auch um dessen Erhalt – und der Erhalt kann sich wesentlich schwieriger gestalten, weil es eine Geduld mit dem Menschen und dem Tempo seiner Schritte voraussetzt. Eine solche Geduld kann für den Betreuer sehr unökonomisch sein, er muss warten, das kostet Zeit und manchmal kann er sie sich vielleicht gar nicht leisten, weil auch andere Menschen auf seine Hilfe angewiesen sind.
    Das ist dann möglicherweise die Kehrseite einer Hilfeleistung: Eine Vernichtung von Wissen um Eigenständigkeit durch Überfürsorge.
    Da es unwahrscheinlich ist, dass Agulem jemals eine wirkliche Selbstständigkeit erreichen wird, bleibt er angewiesen auf die Menschen, die ihn versorgen und das richtige Maß an Fürsorge finden müssen.

    Zu Beginn meiner Arbeit mit Agulem hat mich diese Asymmetrie in unserem Verhältnis und in meiner Hilfeleistung sehr irritiert. Da er nicht spricht und Bedürfnisse und Widerwillen nicht klar äußert, hatte ich das Gefühl, dass mir die Rolle einer Instanz zufällt, der er in einer Weise ausgeliefert ist. – Ich bin es, der bestimmen kann, wann er auf Toilette geht und wie lang, wann er essen kann und wie viel, ich kann ihm einen Platz zuweisen und ihn an einen anderen Platz bringen. Und ich sehe ihn, ohne von ihm gesehen zu werden.

    Geöffneter rechter Flügel August 2016

    Mir schien, dass ich so in der Position einer unsichtbaren Macht bin, welcher er nur glauben kann, dass sie vertrauenswürdig ist. – Glauben würde an dieser Stelle eine Auslieferung bedeuten: Ohne Wissen und Sicherheit und im bloßen Vertrauen auf meine Glaub-würdigkeit muss Agulem glauben, weil er aufgrund seiner Behinderung eingeschränkt ist, zu über-blicken und zu durchschauen.
    Vor kurzem jedoch hatte ich einen Traum, in dem dieses Verhältnis auf interessante Weise verkehrt war: Agulem war unsichtbar. Ich konnte mit ihm allein durch den Deckel einer Pappschachtel in Verbindung stehen, die ihn in einer Weise vertrat. Dieser Deckel fiel mir in einen See, er ging unter und weichte auf. Ich wusste nun nicht mehr, wie ich Agulem finden sollte – ich konnte ihn ja nicht sehen. Es machte auch keinen Sinn, ihn zu rufen, denn in der Regel antwortet Agulem nicht auf Ansprache.
    So war ich gewissermaßen selbst blind für Agulem.

    In seinem Text “Behinderung und die Ideologie des Normalen” macht der Schriftsteller und Schauspieler Peter Radtke, selbst mit einer Behinderung lebend, auf die Behinderung jedes Einzelnen aufmerksam. Nicht-Behinderung sei, seiner Ansicht nach, nur ein Augenblick und niemals ein Zustand, denn sie stelle im Grunde nur jene Situationen dar, in denen ein Mensch vollkommen eigenständig und in Unabhängigkeit von Anderen agieren kann. Radtke weist darauf hin, dass diese Situationen nur einen gewissen mehr oder weniger kleinen Teil jeden Lebens ausmachen.
    Sich selbst die Abhängigkeiten zu verdeutlichen, in denen man lebt und die eigenen Einschränkungen anzuerkennen, könne dann auch die Perspektive des Behinderten im Vergleich zu jener der Nicht-Behinderten als alternative und nicht als defekte „normale“ bewusst machen.

    Begreift man Blindheit im übertragenen Sinne als Unfähigkeit, die Perspektive eines anderen einzunehmen, wäre es nicht falsch zu sagen, dass wir, Agulem und ich, tatsächlich beide blind sind – auf unterschiedliche Weise.
    Denn so wenig wie er mich sieht, kenne ich seine Perspektive, seine Wahrnehmung. Ich habe keine Vorstellung davon, was in seinem Kopf vorgeht.

    Das machte mir besonders zu Beginn Agulems Verhalten sehr fremd und unverständlich.
    Einmal gab mir die Lehrerin eine Kiste mit einem kleinen Ball, einem Stück Kunstrasen und einem Kissen. Agulem sollte diese Gegenstände betasten. Ich nahm seine Hand und führte sie über die unterschiedlichen Oberflächen. Immer wieder zog er seine Hand zurück und ich ärgerte mich über ihn, weil das Spiel nicht funktionierte, weil er nicht reagierte und nicht mitmachte. Was ich vermisst habe war eine Antwort von ihm, in Form eines Lautes oder einer Bewegung, irgendeine Reaktion – und jetzt erst fällt mir auf, dass ich das Zurückziehen seiner Hand nicht als Antwort akzeptiert habe. Warum? Wahrscheinlich war es so, dass ich die Reaktion Agulems nicht verstanden habe, weil sie nicht dem entsprach, was ich als Antwort erhofft hätte: nämlich eine Bereitschaft zur Beteiligung.
    Ich schloss daraus vorschnell, dass man von ihm keine Antworten bekommt und wusste auch nicht, ihm Antworten zu geben, weil ich seine Äußerungen nicht deuten konnte.
    Wenn man die Lautsprache und obendrein die Körpersprache eines Menschen nicht versteht, kann das zu der Annahme führen, dass dieser Mensch gar nicht kommuniziert, dass er sein Umfeld nicht wahrnimmt und seine Empfindungen und Bedürfnisse diesem Umfeld überhaupt nicht mitteilt.

    Milchglasscheibe November 2016

    Meine Arbeit mit Agulem führt mir deutlich vor Augen, dass das ein großer Trugschluss sein kann. Ich denke, dass seine Äußerungen in Form von Lauten und Bewegungen eine ganz andere Qualität haben, die für mich schwer vorstellbar ist. Und ich meine auch, dass seine Laute keinen direkten Adressaten kennen, sondern vielleicht in erster Linie tatsächlich an ihn selbst gerichtet sind – quasi als eine Art Versicherung seiner selbst.
    Aber ich glaube, dass das Gefühl des Unverständnisses zum großen Teil an einer “Blindheit” meiner selbst lag. Diese Blindheit hat weniger zu tun hat mit physiologischer Wahrnehmung, als vielmehr mit einer Bereitschaft, die Sicht des Anderen nachzuvollziehen. Was sich so mehr und mehr relativiert, ist das Bild des nicht-sprechenden Agulem. Sein Lachen zum Beispiel kann man nur schwer falsch verstehen. Äußerungen, wie ein Lachen, oder sich Schlagen mögen Reaktionen im Affekt auf momentane Situationen sein und darin, wie ich es beschrieben habe, unadressiert.
    Es liegt jedoch, wie ich glaube, am Gegenüber, diese Äußerungen als ausschließlich selbstreflexiv aufzufassen, oder aber sie als Mitteilungen eines inneren Gefühlszustandes an die äußere Umwelt zu verstehen. Und hierin läge ja die Möglichkeit, sie aufzunehmen, sich anzueignen und sie als Aufforderung zu verstehen, zu antworten.

    Ich weiß nicht, ob glaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglaglagla, HANG! und mongmongmongmongmongmong tatsächlich irgendetwas bedeuten. Manchmal versuche ich aber einfach darauf zu antworten, indem ich wiederhole. Und als ich so einmal dadldadldadldadldadl vor mich her sagte, fing auch Agulem damit an.

     

     

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    Fotos: Simon Baumgart

    Fliegengitter / November 2016 
    Spiegelung / August 2016
    Geöffneter rechter Flügel / August 2016

    Milchglasscheibe / Nobember 2016