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  • Jana Mertens (korrespondierendes Mitglied)

    8.4.1983 geboren in Gifhorn
    2019/2018 Meisterschülerin bei Thomas Virnich Hochschule der Bildenden Künste Braunschweig
    2016 Diplom der bildenden Künste Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
    2009-2016 Studium Bildhauerei/Figur bei Bruno Raetsch Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
    2006-2009 Studium der Bildhauerei, Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

    Stipendien
    2020 Denkzeitstipendium der Kulturstiftung Sachsen
    2019 Kinderleichtstipendium der Kunststiftung Sachsen Anhalt
    2018 Arbeitsstipendium der Kunststiftung Sachsen Anhalt
    2017 Stipendium der Werkstatt Altena, Nordrhein-Westfalen

    AUSSTELLUNGSVERZEICHNIS
    2020 „twittering Machine“, Galerie im Volkspark, Halle; „Valauris Morghulis“, Mecenes du Sude Montpellier-Sete, Frankreich; „Entwürfnisse“, Begehungen, Chemnitz; „Stabile Unruhe“, Galerie Weise, Chemnitz; „Glory Extensions“, A&0 Kunsthalle, Leipzig; „Citarella/Mertens“, Baumwollspinnerei Halle20, Leipzig
    2019 „lipsia“, Galerie Aedaen, Strassburg; „Der optimierte Mensch“, MDBK Leipzig; „Mauersmert“, Leipziger Baumwollspinnerei, Halle20; „amiante“, K3, Hannover; „ticket to ride“, Städtische Galerie Nordhorn; „Field Trips“, Kunststiftung Sachsen Anhalt, Halle
    2018 „Chimäre“, Galerie Aedaen, Strassburg, Frankreich; „NeXtnature“, Galerie Weise, Chemnitz; „In ContAct“, CityGallery, Wolfsburg; „Can`t stand harmony“, Galerie ff15, Leipzig 2017; „Japhonia“, Stadtgalerie Altena; „Silent Karacho“, Galerie im Alten Bau, Geislingen an der Steige; „Mulhouse 017, biennale contemporaine“, Mulhouse, Frankreich; „GYM, Grand Slam“, Alte Handelsschule, Leipzig

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  • Herbsttreffen 2020

    11. September
    – Anreise und Sammeln
    – Klaus putzt, assistiert von Johanna und Saskia sowie einem Paar aus Gorsleben, im Schlosshof Champignons und Schopftintlinge, die er tagsüber in ausreichender Menge gesammelt hat und die am Abend verputzt werden.

    12. September
    – gemeinsames Frühstück im Schlosshof
    – Thomas Blase: Führung durch das Schloss und den Kornspeicher (mit Riegeln und Haspen) anhand eines Inventars aus dem Jahre 1714
    – im Giardino:
    – Thorsten Reich: Rückführungen (vom Wortfeld „führen“ über Psalm 23 und Andreas Gryphius bis Hugo von Hofmannsthal)
    – Thomas Blase: Traum von der zerbrechenden Sonne (oder war das am Sonntag?)
    – Mittagessen im Schlosshof: Suppe mit und ohne Huhn von Thomas Blase
    – im Schlosshof:
    – Andreas Peschka: Schloß Kannawurf, vor Ort: Horizontgeschicht (eine Zeitreise – auf die Rückreise wurde aus Kostengründen verzichtet)
    – im großen Saal:
    – Johanna Bartl: Partitur Dessau 2019 Variation Kannawurf 2020 (Vorstellung mit Kohlepapier)
    – Kaffeepause im Schlosshof mit Kuchen von Thorstens Mutter
    – im Vorraum zur Hofstube:
    – Jakob Taube: In Memoriam Erika Taube (Lichtbilder aus Cengel zur Musik von Chirgilchin, davor Rundbrief von Galsan)
    – Hansjörg Rothe: Besuch des Urenkels (in Jena, literarische Lesung)
    – Heinz Barth: Zur Geschichte der Restaurierung von Schloss Kannawurf (mit Lichtbildern, darunter Heinz als Mime)
    – Abendessen im Schlosshof: Suppen wie mittags, dazu Grünkernauflauf aus Braunschweig
    – Sylvia Lemma-Herrmann: singt die Arie „O mio babbino caro“ von Pucchini im Schlosshof (Tochter erpresst Vater)

    Sonntag, 13. September
    – Frühstück im Schlosshof
    – im Giardino:
    – Linbin Li: Teezeremonie mit Erläuterungen
    – Festlegung des Themas für das nächste Jahr: „Dampf“
    – Die Festlegung des Termins (1., 3. oder 4. Septemberwochenende) wurde der Entscheidung des abwesenden Schlossherrn überlassen.
    – Fahrt über Bilzingsleben nach Göllingen zur romanischen Klosterruine mit Führung auf den Kirchturm bei Gottesdienst im Freien

    Teilnehmer am Herbsttreffen Kannawurf III vom 11.-13. September 2020

    Heinz Barth, Kannawurf
    Achim Bartl, Böhlen und Tylsen
    Johanna Bartl, Dessau
    Thomas Blase, Halle und Kannawurf
    Christoph Herrmann, Südharz
    Sylvia Lemma-Herrmann, Südharz
    Linbin Li, Braunschweig
    Klaus Ludwig, Kannawurf
    Paar aus Gorleben
    Heike Patitz, Markkleeberg
    Albrecht Pohlmann, Halle/S.
    Thorsten Reich, Leipzig
    Susanne Reimnitz, Braunschweig
    Hansjörg Rothe, Leipzig und Weißwasser
    Hartmut Schwarm, Kannawurf
    Jakob Taube, Markkleeberg
    Thomas Wöhrmann, Braunschweig
    Wolke, Kannawurf

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  • Flurstück

    Das Tanztheater Anuk ist mit seiner aktuellen Produktion zu Gast in der 1888 erbauten Marienbibliothek zu Halle. Die Marienbibliothek ist eine historische, wissenschaftliche, evangelische Kirchenbibliothek. Sie gilt als die älteste und größte ununterbrochen öffentlich zugängliche evangelische Kirchenbibliothek in Deutschland. Kurz nach der Einführung der Reformation in Halle 1552 durch Pfarrer Sebastian Boetius gegründet, befindet sie sich heute in einem typischen Bibliotheksbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dieser Ort ermöglicht eine ganz einzigartige und herausfordernde Tanzperformance im öffentlichen Raum. Die Tänzer haben sich für ihre Arbeit von der Geschichte und dem Klang der Architektur dieser Bibliothek inspirieren lassen.

    https://youtu.be/YEC-Tr1_k-0

    Choreografie: Ellen Brix, Tanztheater Anuk
    Es tanzen: Ellen Brix, Kristina Buketova, Anne Scholze, Conny Wolter, Holdine Wolter
    Musik: Portico Quartet
    Sounddesign Intro | Outro: Silent Geg
    Technik: Matthias Kahler, Hannes Scheffler
    Livemitschnitt | Teaser: Stephan Retzlaff, Studio Sandberg
    Artwork: Sophie Mildner
    Fotografie: Colette Dörrwand
    Beitragsfoto: Stephan Retzlaff

    Mit freundlicher Unterstützung der Stadt Halle und des Landes Sachsen–Anhalt

    Aufführungen:
    Premiere 14.09.  18 + 19 Uhr
    21.09. | 05.10. | 12.10.  18 + 19 Uhr
    10.10. | 31.10.  18 + 19 + 20 Uhr
    Kartenreservierung unter tanztheater.anuk@gmail.com oder Facebook flurstueck

     

    Bitte beachten Sie die Hygienevorgaben der Stadt Halle .

     

     

  • salomo friedlaender/mynona – das philosophische und literarische Werk

    salomo friedlaender/mynona – das philosophische und literarische Werk

    Seit 50 Jahren setzt Du dich mit großer Energie ein das Werk Salomo Friedlaenders zu publizieren und stemmst Dich mit deinem eigenen Leben gegen das Vergessen dieses Autors. Woher rührt Dein    
    Engagement für das Werk Salomo Friedlaenders?

    warum ich mich bis heute für friedlaender einsetze, begann mit einer spektakulär ereignisreichen findegeschichte vollkommen unspektakulär exakt im mai 1960. ich habe im laufe der letzten jahrzehnte schon mehrfach diese geschichte erzählen müssen, wiederhole sie aber gerne wieder, weil es wohl selten vorkommt, dass man den beginn eines lebenslangen engagements für eine sache so genau bestimmen kann. 1960 war das jahr, in dem die legendäre ausstellung des deutschen literaturarchivs „expressionismus. literatur und kunst 1910-1923“ im marbacher schiller-nationalmuseum stattfand. ich war damals student in tübingen, hatte kein geld, um nach marbach fahren zu können & konnte mir nur den katalog schicken lassen. am tag, als der katalog ankam, bekam ich fürchterliche zahnschmerzen & verbrachte eine schlaflose nacht mit der lektüre des katalogs. vielleicht sind solche initialschmerzen (geburtsschmerzen!) notwendig, dass man ein leben lang an einer sache festhält & sie nicht mehr loslassen kann. ich hatte also eine ganze nacht zeit, mich dem katalog zu widmen. zwei dinge sind mir besonders im gedächnis geblieben: einmal das foto eines autors in denkerpose & beeindruckender frisur mit der bildbeschreibung „mynona um 1920“ & die rudimentären biografischen angaben eines prager spätromantikers, eines gewissen victor hadwiger. diese lauteten: „victor hadwiger (1878-1911), prager dichter, vorläufer des expressionismus“. das war alles. & das machte den studenten geerken stutzig. es durfte doch wohl nicht wahr sein, dass ein halbes jahrhundert nach dem tod eines autors nicht mehr biografisches material vorhanden sein soll.

    das war dann der anfang meiner recherchen. ich suchte alles zusammen, was ich von & über hadwiger finden konnte. mit hilfe des damaligen archivleiters in marbach, paul raabe, konnten wir den nachlassverwalter von hadwiger ausfindig machen. es war der vertreter eines anarchismus stirnerscher prägung anselm ruest, der allerdings schon 1943 im französischen exil verstorben war. es folgte eine kriminalistische kleinarbeit, um herauszufinden, wo ruests nachlass geblieben war. schliesslich fand ich die adresse von ruests witwe heraus, die in six-fours an der französischen riviera noch am leben war. ich schrieb ihr sofort einen brief, der allerdings unbeantwortet blieb. ich schickte einen weiteren brief, diesmal eingeschrieben, aber wieder umsonst. kurzentschlossen fuhren dann meine frau sigrid hauff & ich mit unserem vw käfer zu der angegebenen adresse in six-fours. wir fanden tatsächlich das haus & bedienten mehrfach den türklopfer. niemand öffnete, ausser einer nachbarin, die durch unser klopfen aufmerksam geworden ihr fenster öffnete. sie berichtete, dass frau sacco (so hiess ruests witwe inzwischen) vor wenigen wochen verstorben sei. wir fragten nach nachkommen oder verwandten. nach einigem nachdenken glaubte sie, sich zu erinnern, dass eine tochter von frau sacco in einem krankenhaus in avignon als putzfrau arbeite. ohne lange zu überlegen fuhren wir nach avignon & suchten uns aus dem telefonbuch in einer telefonzelle die adressen der krankenhäuser der stadt heraus. im ersten fragte ich an der rezeption nach einer ‚femme de ménage‘ deutschen ursprungs. die rezeptionistin nannte nach einigem überlegen eine ‚madam webär‘. das klang verdächtig nach ‚weber‘ & sie liess die fragliche person rufen. auf dem korridor kam sie mir entgegen, ich entschuldigte mich für die störung & fragte sie ganz unvermittelt, ob sie etwa die tochter von anselm ruest sei. wir waren gleichermassen höchst erstaunt, dass sie es wirklich war. ich erzählte ihr unser vorhaben mit victor hadwiger, aber sie konnte mit diesem namen gar nichts anfangen. überhaupt war sie, was die arbeit ihres vaters betraf, vollkommen uninformiert. aber sie wusste interessantes zu berichten. das haus in six-fours, wo ihre mutter gewohnt habe, sei zum verkauf leergeräumt, nur die ganzen papiere ihres vaters habe sie noch nicht weggeworfen, aber es bliebe ihr nichts anderes übrig, den ‚haufen papier‘ jetzt der müllabfuhr mitzugeben, denn das haus würde verkauft. da wurden meine frau & ich natürlich hellhörig & boten frau sibylle weber an, uns um die papiere zu kümmern & darin selbst nach nachlassmaterial von hadwiger zu suchen. frau weber war sichtlich von einer moralischen last erleichtert & wir fuhren wenig später zusammen mit ihr nach six-fours. das haus war tatsächlich leer, nur in einem nebenraum der küche lagen offene & verschlossene kartons unterschiedlicher grösse, obstkistchen, grosse & kleine taschen usw. voll mit bedruckten, getippten oder handschriftlichen papieren, zeitungen, zeitschriften, büchern. frau weber half uns, diesen ganzen stapel mit materialien ihres vaters in unseren vw zu laden, der am ende übervoll war, der kofferraum (vorne!), der rücksitz (bis über das ovale rückfenster) & auf dem dachständer eine grosse seekiste. so fuhren wir wieder nach deutschland zurück.
    um es kurz zu machen: in den papieren war nichts von oder über hadwiger zu finden. aber frau weber sagte uns, als wir uns verabschiedeten, dass ihr vater anselm ruest vetter & schwager eines anderen philosophen gewesen sei, der heisse salomo friedlaender & dessen witwe & sohn würden, sagte sie, in paris leben & gab uns die adresse. an dieser stelle nun wird in meinem leben der herr wichtig, dessen foto im expressionismuskatalog mir besonders aufgefallen war. wenn man solchen zufällen, solchen um- & nebenwegen über jahrzehnte folgt, bleibt es nicht aus, dass ein gewisses manisches verhalten immer stärker wird & dass die arbeit zu einer art pflicht mutiert, wie es begierige sammler zuweilen zu berichten wissen. bald waren meine frau & ich bei marie luise & heinz ludwig friedlaender in paris. beide vollkommen verarmt & hilflos, was mit dem nachlass von mynona zu tun sei. marie luise friedlaender starb 1968. nach vielen gesprächen mit heinz ludwig friedlaender & gegenseitigen besuchen in paris & tübingen fand er vertrauen zu mir & bestimmte mich zum nachlassverwalter seines vaters. ab 1988, nach heinz ludwigs tod, wurde ich, testamentarisch verfügt, auch rechtsnachfolger. – ein lange geschichte, ich weiss. aber sie ist wichtig, um zu verstehen, was für energien entstehen können, wenn man dieses jahrelange suchen schliesslich hinter sich zu haben glaubt. es ist wohl so, dass man mit einer anderen materie derartig verwächst, dass ein loslassen nicht mehr möglich ist. natürlich stellt sich im laufe der intensiven beschäftigung mit friedlaenders werk mehr & mehr heraus, dass man es hier nicht mit einem zweitrangigen geist zu tun hat, sondern mit der tragischen tatsache, dass durch gesellschaftliche umwälzungen dieses die herkömmliche philosophie überragende werk nahezu total verschüttet war & erst langsam durch unsere 40bändige werkausgabe wieder ans licht kommt. nach dem krieg wurde weltweit relativ viel über friedlaender/mynona gearbeitet & publiziert, aber, & das hat sich erst in den jahren der sichtung herausgestellt, niemand hatte friedlaenders werk überhaupt kennen können, weil es eben nicht vorlag! was wir mit unserer ausgabe wollen, ist, dass das vorhandene material bis zum letzten buchstaben der zukünftigen philosophischen & sonstigen  forschung zur verfügung steht.
    Salomo Friedlaender auf der Website des Herausgebers Hartmut Geerken‘

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    Wichtigste Grundlage zum Verständnis aller Texte Friedlaender/Mynonas ist die Philosophie Immanuel Kants. Friedlaender war persönlich bekannt mit Ernst Marcus, bis zu dessen Tod standen beide in reger Korrespondenz. Gemeinsam haben sie sich gegen eine Historisierung Kants eingesetzt. Ernst Marcus war für Friedlaender die Brücke für ein gegenwärtiges Verständnis des Philosophen. Welche Bedeutung würdest Du Immanuel Kant für unsere gegenwärtige Welt beimessen?

    dass sich friedlaender fast ausschliesslich auf immanuel kant & dessen mentor ernst marcus bezieht, kommt nicht von ungefähr. das ende des abendländischen philosophischen denkens endet für friedlaender mit kants lebenswerk bis hin zu dessen ‚opus postumum‘. nach kants tod, sagt friedlaender, versuchen sich die meisten neukantianer an dem monoliten kant abzuarbeiten, indem sie ihn missverstehen & aufgrund dieses missverstehens ihre eigenen klugheiten ins spiel zu bringen versuchen. friedlaender schickt in seinem grotesk dialogischen text „kant & die sieben narren“ die gesamte moderne in die psychiatrie, wo sie der chefarzt ernst marcus zum teil mit kaltwassergüssen zu heilen versucht! ich habe mich in den vergangenen jahrzehnten derart intensiv mit friedlaenders meinung & der abfassung meines 1000seitenbuches „kant“ auseinandergesetzt, dass es mir unmöglich geworden ist, eine gegenposition sowohl zu friedlaender als auch zu kant  einzunehmen. ich habe im hinblick auf unsere derzeitige (& auch frühere) gesellschaft permanent das gefühl, als ob die menschen (vor allem ihre politiker) eine heidenangst davor haben, sich ‚ihres eigenen verstandes zu bedienen‘. hauptsächlich die an ihre partei gebundenen politiker würde ein denkendes volk zutiefst beunruhigen, denn ein solches volk liesse sich nicht so leicht manipulieren. bezeichnend ist auch, dass es bis heute keine wissenschaftlich ultimative edition von kants „opus postumum“ gibt, eine schrift, die zwar schwierig zu lesen ist, aber an aktualität nichts verloren hat. das thema des „opus postumum“, nämlich der ‚übertritt‘ von der metaphysik zur physik, wird an der frontline im heutigen denken lebhaft diskutiert. vor allem aber in der politik ist kant bei weitem noch nicht angekommen. vom kategorischen imperativ, der einfachsten formel für ein menschenwürdiges dasein, haben die volksvertreter nicht die geringste ahnung. friedlaenders buch „kant für kinder“ (1924), für lehrer, nicht für kinder gedacht, hat es bis heute nicht in die pädagogie geschafft. die staatliche schule, „ein frevel an der jugend“ (borgius), ist bis heute eine institution, die den herrschenden zuarbeitet, & nicht den kindern. der staat weiss, wo er anzusetzen hat, nämlich an der konformen erziehung zum folgsamen staatsbürger, zum auch noch im wald maskentragenden spaziergänger.       

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    Das Lebenswerk Friedlaenders teilt sich in zwei große Bereiche. Er veröffentlichte zahlreiche philosophische Bücher und Abhandlungen. Unter dem Pseudonym Mynona veröffentlichte er literarische Texte, Romane, Grotesken, Novellen und Gedichte. Sprachlich liegen zwischen beiden Bereichen Welten. Wie erklärt sich die Spaltung in diese zwei scheinbar eigenständigen Identitäten, und was haben beide gemeinsam?

    im ersten jahrzehnt des 20. jahrhunderts hatte friedlaender zum ersten mal eine eigene wohnung in berlin-halensee. der kurfürstendamm & seine lokale wurden bald zu einem treffpunkt der berliner literarischen bohème. in seiner autobiografie nennt er ein paar autoren & künstler, mit denen er regelmässig kontakt hatte oder befreundet war: erich mühsam, herwarth walden, else lasker-schüler, martin buber, alfred kubin, george grosz, arthur segal, paul scheerbart, kurt hiller, gustav landauer, ludwig rubiner u.v.a.m. letzterem las friedlaender einmal ein paar grotesken (friedlaender sprach damals von ‚schwänken‘) vor, & rubiner war davon so angetan, dass er friedlaender dringend empfahl, diese texte zu veröffentlichen. friedlaender befolgte seinen rat & gilt seither als vater des dadaismus & erfinder der literarischen groteske. dass er diese literarische strömung bis in die dreissiger jahre verfolgte, lag auch an seiner buchgelehrtsamkeit. in seiner autobiografie schreibt er: „am liebsten las ich märchen, tausend&einenacht, am allerliebsten aber jules verne. mein thema ist die innenwelt, mein ich, verglichen womit mir alles menschliche aussen, meines inbegriffen, grotesk erscheint. in dieser beziehung liebte ich auch literarisch absonderlich die bizarren autoren, von lukian bis quincey & poe; besonders wenn sie zugleich humoristen waren, vor allem rabelais, swift, sterne, jean paul…“ dass seine ernste philosophie & die schrulligen grotesken keinen unvereinbaren gegensatz darstellen, geht aus dem folgenden zitat hervor: „da meine metaphysische intention zwar stark war, die wissenschaftliche objektiv systematische ausgestaltung jedoch, um nicht im keime steckenzubleiben, eines besseren lenzes bedurft hätte, so verhalf sich meine philosophisch gehemmte, verdrängte & abgelegte produktivität auf schleichwegen zur grostesken missgeburt.“ („selbstkritik“ (1921).
    1913 erscheint seine erste groteskensammlung „rosa die schöne schutzmannsfrau“. insgesamt erscheinen bis 1928 zehn buchtitel mit grotesken. wir kennen 108 solcher texte, die zum ersten mal gesammelt in zwei dicken bänden unserer „gesammelten schriften“ chronologisch geordnet erschienen sind. die grotesken, novellen, romane & gedichte sind nicht nur „nutzanwendungen“ seiner philosophie, sondern waren in oft schlimmen ökonomischen situationen zwischen den kriegen zwar bescheidene, aber doch immer willkommene einkünfte. – in diesem zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass ich am anfang meiner beschäftigung mit friedlaender/mynona annahm, dass mynona hauptsächlich ein literarisches phänomen war. die philosophie lief, glaubte ich, einfach so nebenher. erst anfang des neuen jahrtausends bekam ich nach der begegnung mit dem philosophen & mitherausgeber der „gesammelten schriften“ detlef thiel einen anderen einblick in seine philosophie & erkannte bald, dass dieser teil seines wirkens wesentlich gewichtiger war als der belletristische, ja, dass friedlaenders philosophie des heliozentrums & des magischen ich dort beginnt, wo die abendländische philosophie zu einem ende gekommen zu sein schien.

    In den ersten dreißig Jahren des 20ten Jahrhunderts führte Friedlaender eine umfangreiche Korrespondenz mit den meisten wesentlichen Intellektuellen und Künstlern seiner Zeit. Mit vielen von Ihnen verbanden ihn Freundschaften, so mit Ernst Marcus, mit Alfred Kubin, Herwarth Walden, Paul Scheerbart, mit Ludwig Meidner und Else Lasker-Schüler. Die Namen Friedlaender und Mynona hatten im geistigen Leben Deutschlands Gewicht, seine Ideen hatten Einfluss auf künstlerische Entwicklungen in seiner Zeit. Was hat ihn so sehr aus dem öffentlichen Bewusstsein gelöscht, daß er heute fast unbekannt genannt werden muß?

    unbekannt genannt werden muss friedlaender/mynona in deutschland! in usa, in frankreich, vor allem in japan ist er kein unbekannter. vier umfangreiche bücher von & über friedlaender sind auf japanisch erschienen. die verschüttung des deutschen juden begann bereits in den 20er jahren des letzten jahrhunderts, als mynona grotesken veröffentlichte, die prophetisch das heraufziehen des nationalsozialismus beschworen. friedlaender war von anfang an ein konzessionsloser gegner von diktatur & königreich, rassismus, schulsystem & akademischem muff, todesstrafe, militär & den bürokratischen bestrebungen, den freien bürger zum transparenten & folgsamen erfüllungsgehilfen des staates zu machen. den dorn des hakenkreuzes hatte er schon sehr früh im auge. dies machte ihn verdächtig & seine unnachgiebigkeit liess ihn nur allzu oft zwischen den stühlen sitzen. bestimmte anmerkungen über rassismus usw. in seinem preisgekrönten utopietext „der antibabylonische turm“ zwangen ihn schliesslich 1933 ins exil nach paris, nachdem ihm vom drucker mit kz gedroht wurde. in frankreich hatte friedlaender so gut wie keine möglichkeit mehr zu veröffentlichen.

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    nach dem krieg gab es in deutschland nur wenige zaghafte versuche, ihn wieder in erinnerung zu rufen. angesagt waren imitate von short stories & romanen amerikanischer autoren, statt an eine grossartige literarische tradition der zehner & zwaniger jahre anzuknüpfen. grosse verlage (suhrkamp, wallstein) sahen sich ausserstande, eine umfangreichere sammlung seiner werke zu publizieren. alle nur möglichen deutschen stiftungen wurden kontaktiert, aber keine sah eine notwendigkeit, bei der publikation zu helfen. „bitte, verstehen sie mich recht, herr geerken…“ war eine oft gehörte formel der ausrede. so war es fast zwangsläufig, dass ich jetzt, aus den mitteln finanziert, die der verkauf von mynonas nachlass erbracht hat, zusammen mit detlef thiel eine werkausgabe in 40 bänden bei ‚books on demand‘ veröffentliche. neun bände sind noch zu bewerkstelligen, dann liegt das gesamte lebenswerk von friedlaender/mynona bis zur letzten kleinen notiz vor. 

    Salomo Friedlaender war ein streitbarer Geist der keine intellektuelle Auseinandersetzung scheute, mit niemandem, und ohne Rücksicht auf Konsequenzen für sich selbst. Er machte sich mit seinem Widerspruchsgeist viele Feinde, verdiente sich aber auch den Respekt seiner Freunde. Wie wichtig findest Du solche unbeugsamen Geister für ein kulturelles und gesellschaftliches Miteinander?

    wenn ich mir die heutige kulturelle szene ansehe, kommt mir das kalte grausen. wo gibt es noch diese ungesellschaftlichen geister aus der zeit von expressionismus, futurismus & dadaismus? wo sind die unangepassten artaud, genet, panizza, bataille, pound? wo sind heute filmemacher vom format fassbinder, achternbusch, schlingensief, syberberg, hauff, gruber, herzog? die penetrante misshandlung des ohrs in radio & supermarkt mit den minderwertigsten musikalischen produkten muss man über sich ergehen lassen. für ein kulturelles & gesellschaftliches miteinander braucht es solche stromlinienförmige ‚geister‘, wie wir sie heute im überfluss haben. gähnende langeweile im erzählstatus. nichts als der ewig gekaute brei. schande über das öffentliche & private fernsehen, wo fussball, krimi & talkshow eine peinlichkeit nach der anderen bieten! – kreative kultur kann nur im anti bestehen. ohne anarchische komponente kann es keine kreativität geben. kultur zeigt sich nur in grenzüberschreitungen.   

    Siehst Du selber geistige Aktivfelder zwischen Hartmut Geerken und Salomo Friedlaender?

    siehe fotos!

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  • Der Kunstverein Röderhof zeigt das Projekt „Kunstschaufenster“ und die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“

    Seit Sonntag dem 26. Juli sind die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ im Kunstverein Röderhof und das „Kunstschaufenster 2“ von Wieland Krause in Eilenstedt zu besichtigen.
    Die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ ist der Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Annie Francé-Harrar gewidmet, die seit den 50er Jahren auf die Zusammenhänge zwischen Vernichtung der Wälder und Klimaveränderungen aufmerksam machte. Beteiligt an der Ausstellung sind die Künstlerin Franziska Klose, die Künstler Olaf Wegewitz und Dietrich Oltmanns sowie der Lyriker André Schinkel.
    Im Obergeschoß ist eine Rauminstallation auf der Grundlage der vorjährigen „Kunstschaufenster“ von Marjam Diederich und Matthias Zielfeld zu sehen.
    Die Installation von Wieland Krause in Eilenstedt basiert auf einem Arbeitsaufenthalt im Huy, bei dem Tonaufnahmen in der Landschaft, Fieldrecordings, aufgenommen wurden. Auf der Grundlage dieser Aufnahmen entstanden Zeichnungen. Die Installation zeigt neben den Audioaufnahmen die Zeichnungen sowie eine Fotodokumentation der Orte, an denen die Aufnahmen entstanden sind.

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  • Der Kunstverein Röderhof zeigt das Projekt „Kunstschaufenster“ und die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“

    Seit Sonntag dem 26. Juli sind die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ im Kunstverein Röderhof und das „Kunstschaufenster 2“ von Wieland Krause in Eilenstedt zu besichtigen.
    Die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ ist der Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Annie Francé-Harrar gewidmet, die seit den 50er Jahren auf die Zusammenhänge zwischen Vernichtung der Wälder und Klimaveränderungen aufmerksam machte. Beteiligt an der Ausstellung sind die Künstlerin Franziska Klose, die Künstler Olaf Wegewitz und Dietrich Oltmanns sowie der Lyriker André Schinkel.
    Im Obergeschoß ist eine Rauminstallation auf der Grundlage der vorjährigen „Kunstschaufenster“ von Marjam Diederich und Matthias Zielfeld zu sehen.
    Die Installation von Wieland Krause in Eilenstedt basiert auf einem Arbeitsaufenthalt im Huy, bei dem Tonaufnahmen in der Landschaft, Fieldrecordings, aufgenommen wurden. Auf der Grundlage dieser Aufnahmen entstanden Zeichnungen. Die Installation zeigt neben den Audioaufnahmen die Zeichnungen sowie eine Fotodokumentation der Orte, an denen die Aufnahmen entstanden sind.

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  • Frühling 2020 _26 Wieland Krause

    Frühling 2020 _26 Wieland Krause

     
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  • Frühling 2020 _26 Wieland Krause

    Frühling 2020 _26 Wieland Krause

     
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  • Kunstschaufenster 02

    Kunstschaufenster 02

    Das Projekt Kunstschaufenster ist eine Initiative des Kunstvereins Röderhof. Es nutzt den Leerstand in regionalen Gemeinden und vermittelt Künstler, welche durch ein Stipendium die Möglichkeit erhalten vor Ort und aus regionalen Themen und Situationen heraus künstlerische Arbeiten zu entwickeln. Die Arbeiten eröffnen neue Perspektiven auf die Situationen, auf die sie Bezug nehmen. Die Schaufenster werden zu Micro-Galerie mitten im öffentlichen Leben.

    Eröffnung am 26.07.2020, um 13:00 Uhr

    Wieland Krause (Halle), LANDSCHAFT/NATUR – ORT – SOUND – ZEICHNUNG
    Installation
    Turmstrasse – Ecke Breite Strasse
    38838 Eilenstedt/Huy

    Krause ZEICHNUNG w
    Wieland Krause studierte von 1984 bis 1989 bei Evelyn Richter an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seine künstlerische Arbeit umfasst medial breit angelegte Projekte überwiegend zu Umwelt- und Landschaftsthemen. Seine oftmals über lange Zeiträume angelegten Projekte versuchen sich Fragen im Konfliktfeld zwischen Natur und Kultur zu stellen.


    Wald, Die letzte Chance“, eine Ausstellung für Annie Francé-Harrar
    im Kunstverein Röderhof

    mit
    Franziska Klose, Dietrich Oltmanns, André Schinkel, Olaf Wegewitz

    Beginn 15:00 Uhr im Kunstverein Röderhof

    Vom 26.7.2020 bis zum 25.10.2020 findet im Kunstverein Röderhof eine Ausstellung statt, deren Thema wohl jeden berührt. Es geht um den Wald, nach Umfragen ein Lieblingsort der Deutschen. Die Probleme zivilisatorischer Einflüsse auf das Ökosystems Wald liegen buchstäblich vor der Tür des Kunstvereins im Huy, in Sichtweite zum Harz. Anlaß genug für eine Ausstellung, die sich mit dieser Thematik künstlerisch auseinandersetzt. Dieses Projekt fügt sich ein in das vom Kunstverein initiierte langjährige Vorhaben „Orientierungsraum Landschaft“. Franziska Klose aus Leipzig, André Schinkel aus Halle, Dietrich Oltmanns aus Berlin und Olaf Wegewitz aus Huy-Neinsted folgten der Einladung des Kunstvereins, ihre Sicht des Waldes in künstlerischer Form darzustellen. Ihre Arbeiten zeigen die Schönheit und Einmaligkeit aber auch den Raubbau und die Zerstörung der Wälder. Dargestellt wird die Bedeutung dieses Ökosystems für unsere Lebensgrundlage.
    Neben vielen anderen beschäftigte sich auch die Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Annie Francé-Harrar mit diesem Thema. Ihr ist diese Ausstellung gewidmet. In ihrem Buch “Die letzte Chance–für eine Zukunft ohne Not“ legt sie schon 1959 dar, wie verheerend sich die Vernichtung des Waldes auswirkt. Die Zerstörung hat Folgen für den Wasserhaushalt und das Klima und letztlich auch für soziale Ungleichgewichte und weltweite Spannungen. Diese Tatsache belegt sie an vielen historischen Beispielen. Auszüge aus ihrem Buch sowie Beiträge anderer Schriftsteller und Wissenschaftler haben die Künstler und Kuratoren zu einem Buch zusammengefügt. Neben der Vielzahl der ausgestellten Kunstwerke liegt dieses Buch zur Ansicht aus.
    Die Ausstellung macht uns einmal mehr die ökologischen Bezüge bewusst, damit wir unser Handeln in einem großen Zusammenhang sehen und besser begreifen. Die Ausstellung des Kunstvereins Röderhof e.V. ist geöffnet, Sonntags von 15-17 Uhr und nach Vereinbarung. Im Herbst sind Teile der Ausstellung im Besucherzentrum des Nationalparks in Drei Annen Hohne zu sehen.