Kategorie: Diskurs

  • salomo friedlaender/mynona – das philosophische und literarische Werk

    salomo friedlaender/mynona – das philosophische und literarische Werk

    Seit 50 Jahren setzt Du dich mit großer Energie ein das Werk Salomo Friedlaenders zu publizieren und stemmst Dich mit deinem eigenen Leben gegen das Vergessen dieses Autors. Woher rührt Dein    
    Engagement für das Werk Salomo Friedlaenders?

    warum ich mich bis heute für friedlaender einsetze, begann mit einer spektakulär ereignisreichen findegeschichte vollkommen unspektakulär exakt im mai 1960. ich habe im laufe der letzten jahrzehnte schon mehrfach diese geschichte erzählen müssen, wiederhole sie aber gerne wieder, weil es wohl selten vorkommt, dass man den beginn eines lebenslangen engagements für eine sache so genau bestimmen kann. 1960 war das jahr, in dem die legendäre ausstellung des deutschen literaturarchivs „expressionismus. literatur und kunst 1910-1923“ im marbacher schiller-nationalmuseum stattfand. ich war damals student in tübingen, hatte kein geld, um nach marbach fahren zu können & konnte mir nur den katalog schicken lassen. am tag, als der katalog ankam, bekam ich fürchterliche zahnschmerzen & verbrachte eine schlaflose nacht mit der lektüre des katalogs. vielleicht sind solche initialschmerzen (geburtsschmerzen!) notwendig, dass man ein leben lang an einer sache festhält & sie nicht mehr loslassen kann. ich hatte also eine ganze nacht zeit, mich dem katalog zu widmen. zwei dinge sind mir besonders im gedächnis geblieben: einmal das foto eines autors in denkerpose & beeindruckender frisur mit der bildbeschreibung „mynona um 1920“ & die rudimentären biografischen angaben eines prager spätromantikers, eines gewissen victor hadwiger. diese lauteten: „victor hadwiger (1878-1911), prager dichter, vorläufer des expressionismus“. das war alles. & das machte den studenten geerken stutzig. es durfte doch wohl nicht wahr sein, dass ein halbes jahrhundert nach dem tod eines autors nicht mehr biografisches material vorhanden sein soll.

    das war dann der anfang meiner recherchen. ich suchte alles zusammen, was ich von & über hadwiger finden konnte. mit hilfe des damaligen archivleiters in marbach, paul raabe, konnten wir den nachlassverwalter von hadwiger ausfindig machen. es war der vertreter eines anarchismus stirnerscher prägung anselm ruest, der allerdings schon 1943 im französischen exil verstorben war. es folgte eine kriminalistische kleinarbeit, um herauszufinden, wo ruests nachlass geblieben war. schliesslich fand ich die adresse von ruests witwe heraus, die in six-fours an der französischen riviera noch am leben war. ich schrieb ihr sofort einen brief, der allerdings unbeantwortet blieb. ich schickte einen weiteren brief, diesmal eingeschrieben, aber wieder umsonst. kurzentschlossen fuhren dann meine frau sigrid hauff & ich mit unserem vw käfer zu der angegebenen adresse in six-fours. wir fanden tatsächlich das haus & bedienten mehrfach den türklopfer. niemand öffnete, ausser einer nachbarin, die durch unser klopfen aufmerksam geworden ihr fenster öffnete. sie berichtete, dass frau sacco (so hiess ruests witwe inzwischen) vor wenigen wochen verstorben sei. wir fragten nach nachkommen oder verwandten. nach einigem nachdenken glaubte sie, sich zu erinnern, dass eine tochter von frau sacco in einem krankenhaus in avignon als putzfrau arbeite. ohne lange zu überlegen fuhren wir nach avignon & suchten uns aus dem telefonbuch in einer telefonzelle die adressen der krankenhäuser der stadt heraus. im ersten fragte ich an der rezeption nach einer ‚femme de ménage‘ deutschen ursprungs. die rezeptionistin nannte nach einigem überlegen eine ‚madam webär‘. das klang verdächtig nach ‚weber‘ & sie liess die fragliche person rufen. auf dem korridor kam sie mir entgegen, ich entschuldigte mich für die störung & fragte sie ganz unvermittelt, ob sie etwa die tochter von anselm ruest sei. wir waren gleichermassen höchst erstaunt, dass sie es wirklich war. ich erzählte ihr unser vorhaben mit victor hadwiger, aber sie konnte mit diesem namen gar nichts anfangen. überhaupt war sie, was die arbeit ihres vaters betraf, vollkommen uninformiert. aber sie wusste interessantes zu berichten. das haus in six-fours, wo ihre mutter gewohnt habe, sei zum verkauf leergeräumt, nur die ganzen papiere ihres vaters habe sie noch nicht weggeworfen, aber es bliebe ihr nichts anderes übrig, den ‚haufen papier‘ jetzt der müllabfuhr mitzugeben, denn das haus würde verkauft. da wurden meine frau & ich natürlich hellhörig & boten frau sibylle weber an, uns um die papiere zu kümmern & darin selbst nach nachlassmaterial von hadwiger zu suchen. frau weber war sichtlich von einer moralischen last erleichtert & wir fuhren wenig später zusammen mit ihr nach six-fours. das haus war tatsächlich leer, nur in einem nebenraum der küche lagen offene & verschlossene kartons unterschiedlicher grösse, obstkistchen, grosse & kleine taschen usw. voll mit bedruckten, getippten oder handschriftlichen papieren, zeitungen, zeitschriften, büchern. frau weber half uns, diesen ganzen stapel mit materialien ihres vaters in unseren vw zu laden, der am ende übervoll war, der kofferraum (vorne!), der rücksitz (bis über das ovale rückfenster) & auf dem dachständer eine grosse seekiste. so fuhren wir wieder nach deutschland zurück.
    um es kurz zu machen: in den papieren war nichts von oder über hadwiger zu finden. aber frau weber sagte uns, als wir uns verabschiedeten, dass ihr vater anselm ruest vetter & schwager eines anderen philosophen gewesen sei, der heisse salomo friedlaender & dessen witwe & sohn würden, sagte sie, in paris leben & gab uns die adresse. an dieser stelle nun wird in meinem leben der herr wichtig, dessen foto im expressionismuskatalog mir besonders aufgefallen war. wenn man solchen zufällen, solchen um- & nebenwegen über jahrzehnte folgt, bleibt es nicht aus, dass ein gewisses manisches verhalten immer stärker wird & dass die arbeit zu einer art pflicht mutiert, wie es begierige sammler zuweilen zu berichten wissen. bald waren meine frau & ich bei marie luise & heinz ludwig friedlaender in paris. beide vollkommen verarmt & hilflos, was mit dem nachlass von mynona zu tun sei. marie luise friedlaender starb 1968. nach vielen gesprächen mit heinz ludwig friedlaender & gegenseitigen besuchen in paris & tübingen fand er vertrauen zu mir & bestimmte mich zum nachlassverwalter seines vaters. ab 1988, nach heinz ludwigs tod, wurde ich, testamentarisch verfügt, auch rechtsnachfolger. – ein lange geschichte, ich weiss. aber sie ist wichtig, um zu verstehen, was für energien entstehen können, wenn man dieses jahrelange suchen schliesslich hinter sich zu haben glaubt. es ist wohl so, dass man mit einer anderen materie derartig verwächst, dass ein loslassen nicht mehr möglich ist. natürlich stellt sich im laufe der intensiven beschäftigung mit friedlaenders werk mehr & mehr heraus, dass man es hier nicht mit einem zweitrangigen geist zu tun hat, sondern mit der tragischen tatsache, dass durch gesellschaftliche umwälzungen dieses die herkömmliche philosophie überragende werk nahezu total verschüttet war & erst langsam durch unsere 40bändige werkausgabe wieder ans licht kommt. nach dem krieg wurde weltweit relativ viel über friedlaender/mynona gearbeitet & publiziert, aber, & das hat sich erst in den jahren der sichtung herausgestellt, niemand hatte friedlaenders werk überhaupt kennen können, weil es eben nicht vorlag! was wir mit unserer ausgabe wollen, ist, dass das vorhandene material bis zum letzten buchstaben der zukünftigen philosophischen & sonstigen  forschung zur verfügung steht.
    Salomo Friedlaender auf der Website des Herausgebers Hartmut Geerken‘

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    Wichtigste Grundlage zum Verständnis aller Texte Friedlaender/Mynonas ist die Philosophie Immanuel Kants. Friedlaender war persönlich bekannt mit Ernst Marcus, bis zu dessen Tod standen beide in reger Korrespondenz. Gemeinsam haben sie sich gegen eine Historisierung Kants eingesetzt. Ernst Marcus war für Friedlaender die Brücke für ein gegenwärtiges Verständnis des Philosophen. Welche Bedeutung würdest Du Immanuel Kant für unsere gegenwärtige Welt beimessen?

    dass sich friedlaender fast ausschliesslich auf immanuel kant & dessen mentor ernst marcus bezieht, kommt nicht von ungefähr. das ende des abendländischen philosophischen denkens endet für friedlaender mit kants lebenswerk bis hin zu dessen ‚opus postumum‘. nach kants tod, sagt friedlaender, versuchen sich die meisten neukantianer an dem monoliten kant abzuarbeiten, indem sie ihn missverstehen & aufgrund dieses missverstehens ihre eigenen klugheiten ins spiel zu bringen versuchen. friedlaender schickt in seinem grotesk dialogischen text „kant & die sieben narren“ die gesamte moderne in die psychiatrie, wo sie der chefarzt ernst marcus zum teil mit kaltwassergüssen zu heilen versucht! ich habe mich in den vergangenen jahrzehnten derart intensiv mit friedlaenders meinung & der abfassung meines 1000seitenbuches „kant“ auseinandergesetzt, dass es mir unmöglich geworden ist, eine gegenposition sowohl zu friedlaender als auch zu kant  einzunehmen. ich habe im hinblick auf unsere derzeitige (& auch frühere) gesellschaft permanent das gefühl, als ob die menschen (vor allem ihre politiker) eine heidenangst davor haben, sich ‚ihres eigenen verstandes zu bedienen‘. hauptsächlich die an ihre partei gebundenen politiker würde ein denkendes volk zutiefst beunruhigen, denn ein solches volk liesse sich nicht so leicht manipulieren. bezeichnend ist auch, dass es bis heute keine wissenschaftlich ultimative edition von kants „opus postumum“ gibt, eine schrift, die zwar schwierig zu lesen ist, aber an aktualität nichts verloren hat. das thema des „opus postumum“, nämlich der ‚übertritt‘ von der metaphysik zur physik, wird an der frontline im heutigen denken lebhaft diskutiert. vor allem aber in der politik ist kant bei weitem noch nicht angekommen. vom kategorischen imperativ, der einfachsten formel für ein menschenwürdiges dasein, haben die volksvertreter nicht die geringste ahnung. friedlaenders buch „kant für kinder“ (1924), für lehrer, nicht für kinder gedacht, hat es bis heute nicht in die pädagogie geschafft. die staatliche schule, „ein frevel an der jugend“ (borgius), ist bis heute eine institution, die den herrschenden zuarbeitet, & nicht den kindern. der staat weiss, wo er anzusetzen hat, nämlich an der konformen erziehung zum folgsamen staatsbürger, zum auch noch im wald maskentragenden spaziergänger.       

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    Das Lebenswerk Friedlaenders teilt sich in zwei große Bereiche. Er veröffentlichte zahlreiche philosophische Bücher und Abhandlungen. Unter dem Pseudonym Mynona veröffentlichte er literarische Texte, Romane, Grotesken, Novellen und Gedichte. Sprachlich liegen zwischen beiden Bereichen Welten. Wie erklärt sich die Spaltung in diese zwei scheinbar eigenständigen Identitäten, und was haben beide gemeinsam?

    im ersten jahrzehnt des 20. jahrhunderts hatte friedlaender zum ersten mal eine eigene wohnung in berlin-halensee. der kurfürstendamm & seine lokale wurden bald zu einem treffpunkt der berliner literarischen bohème. in seiner autobiografie nennt er ein paar autoren & künstler, mit denen er regelmässig kontakt hatte oder befreundet war: erich mühsam, herwarth walden, else lasker-schüler, martin buber, alfred kubin, george grosz, arthur segal, paul scheerbart, kurt hiller, gustav landauer, ludwig rubiner u.v.a.m. letzterem las friedlaender einmal ein paar grotesken (friedlaender sprach damals von ‚schwänken‘) vor, & rubiner war davon so angetan, dass er friedlaender dringend empfahl, diese texte zu veröffentlichen. friedlaender befolgte seinen rat & gilt seither als vater des dadaismus & erfinder der literarischen groteske. dass er diese literarische strömung bis in die dreissiger jahre verfolgte, lag auch an seiner buchgelehrtsamkeit. in seiner autobiografie schreibt er: „am liebsten las ich märchen, tausend&einenacht, am allerliebsten aber jules verne. mein thema ist die innenwelt, mein ich, verglichen womit mir alles menschliche aussen, meines inbegriffen, grotesk erscheint. in dieser beziehung liebte ich auch literarisch absonderlich die bizarren autoren, von lukian bis quincey & poe; besonders wenn sie zugleich humoristen waren, vor allem rabelais, swift, sterne, jean paul…“ dass seine ernste philosophie & die schrulligen grotesken keinen unvereinbaren gegensatz darstellen, geht aus dem folgenden zitat hervor: „da meine metaphysische intention zwar stark war, die wissenschaftliche objektiv systematische ausgestaltung jedoch, um nicht im keime steckenzubleiben, eines besseren lenzes bedurft hätte, so verhalf sich meine philosophisch gehemmte, verdrängte & abgelegte produktivität auf schleichwegen zur grostesken missgeburt.“ („selbstkritik“ (1921).
    1913 erscheint seine erste groteskensammlung „rosa die schöne schutzmannsfrau“. insgesamt erscheinen bis 1928 zehn buchtitel mit grotesken. wir kennen 108 solcher texte, die zum ersten mal gesammelt in zwei dicken bänden unserer „gesammelten schriften“ chronologisch geordnet erschienen sind. die grotesken, novellen, romane & gedichte sind nicht nur „nutzanwendungen“ seiner philosophie, sondern waren in oft schlimmen ökonomischen situationen zwischen den kriegen zwar bescheidene, aber doch immer willkommene einkünfte. – in diesem zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass ich am anfang meiner beschäftigung mit friedlaender/mynona annahm, dass mynona hauptsächlich ein literarisches phänomen war. die philosophie lief, glaubte ich, einfach so nebenher. erst anfang des neuen jahrtausends bekam ich nach der begegnung mit dem philosophen & mitherausgeber der „gesammelten schriften“ detlef thiel einen anderen einblick in seine philosophie & erkannte bald, dass dieser teil seines wirkens wesentlich gewichtiger war als der belletristische, ja, dass friedlaenders philosophie des heliozentrums & des magischen ich dort beginnt, wo die abendländische philosophie zu einem ende gekommen zu sein schien.

    In den ersten dreißig Jahren des 20ten Jahrhunderts führte Friedlaender eine umfangreiche Korrespondenz mit den meisten wesentlichen Intellektuellen und Künstlern seiner Zeit. Mit vielen von Ihnen verbanden ihn Freundschaften, so mit Ernst Marcus, mit Alfred Kubin, Herwarth Walden, Paul Scheerbart, mit Ludwig Meidner und Else Lasker-Schüler. Die Namen Friedlaender und Mynona hatten im geistigen Leben Deutschlands Gewicht, seine Ideen hatten Einfluss auf künstlerische Entwicklungen in seiner Zeit. Was hat ihn so sehr aus dem öffentlichen Bewusstsein gelöscht, daß er heute fast unbekannt genannt werden muß?

    unbekannt genannt werden muss friedlaender/mynona in deutschland! in usa, in frankreich, vor allem in japan ist er kein unbekannter. vier umfangreiche bücher von & über friedlaender sind auf japanisch erschienen. die verschüttung des deutschen juden begann bereits in den 20er jahren des letzten jahrhunderts, als mynona grotesken veröffentlichte, die prophetisch das heraufziehen des nationalsozialismus beschworen. friedlaender war von anfang an ein konzessionsloser gegner von diktatur & königreich, rassismus, schulsystem & akademischem muff, todesstrafe, militär & den bürokratischen bestrebungen, den freien bürger zum transparenten & folgsamen erfüllungsgehilfen des staates zu machen. den dorn des hakenkreuzes hatte er schon sehr früh im auge. dies machte ihn verdächtig & seine unnachgiebigkeit liess ihn nur allzu oft zwischen den stühlen sitzen. bestimmte anmerkungen über rassismus usw. in seinem preisgekrönten utopietext „der antibabylonische turm“ zwangen ihn schliesslich 1933 ins exil nach paris, nachdem ihm vom drucker mit kz gedroht wurde. in frankreich hatte friedlaender so gut wie keine möglichkeit mehr zu veröffentlichen.

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    nach dem krieg gab es in deutschland nur wenige zaghafte versuche, ihn wieder in erinnerung zu rufen. angesagt waren imitate von short stories & romanen amerikanischer autoren, statt an eine grossartige literarische tradition der zehner & zwaniger jahre anzuknüpfen. grosse verlage (suhrkamp, wallstein) sahen sich ausserstande, eine umfangreichere sammlung seiner werke zu publizieren. alle nur möglichen deutschen stiftungen wurden kontaktiert, aber keine sah eine notwendigkeit, bei der publikation zu helfen. „bitte, verstehen sie mich recht, herr geerken…“ war eine oft gehörte formel der ausrede. so war es fast zwangsläufig, dass ich jetzt, aus den mitteln finanziert, die der verkauf von mynonas nachlass erbracht hat, zusammen mit detlef thiel eine werkausgabe in 40 bänden bei ‚books on demand‘ veröffentliche. neun bände sind noch zu bewerkstelligen, dann liegt das gesamte lebenswerk von friedlaender/mynona bis zur letzten kleinen notiz vor. 

    Salomo Friedlaender war ein streitbarer Geist der keine intellektuelle Auseinandersetzung scheute, mit niemandem, und ohne Rücksicht auf Konsequenzen für sich selbst. Er machte sich mit seinem Widerspruchsgeist viele Feinde, verdiente sich aber auch den Respekt seiner Freunde. Wie wichtig findest Du solche unbeugsamen Geister für ein kulturelles und gesellschaftliches Miteinander?

    wenn ich mir die heutige kulturelle szene ansehe, kommt mir das kalte grausen. wo gibt es noch diese ungesellschaftlichen geister aus der zeit von expressionismus, futurismus & dadaismus? wo sind die unangepassten artaud, genet, panizza, bataille, pound? wo sind heute filmemacher vom format fassbinder, achternbusch, schlingensief, syberberg, hauff, gruber, herzog? die penetrante misshandlung des ohrs in radio & supermarkt mit den minderwertigsten musikalischen produkten muss man über sich ergehen lassen. für ein kulturelles & gesellschaftliches miteinander braucht es solche stromlinienförmige ‚geister‘, wie wir sie heute im überfluss haben. gähnende langeweile im erzählstatus. nichts als der ewig gekaute brei. schande über das öffentliche & private fernsehen, wo fussball, krimi & talkshow eine peinlichkeit nach der anderen bieten! – kreative kultur kann nur im anti bestehen. ohne anarchische komponente kann es keine kreativität geben. kultur zeigt sich nur in grenzüberschreitungen.   

    Siehst Du selber geistige Aktivfelder zwischen Hartmut Geerken und Salomo Friedlaender?

    siehe fotos!

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  • Der Kunstverein Röderhof zeigt das Projekt „Kunstschaufenster“ und die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“

    Seit Sonntag dem 26. Juli sind die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ im Kunstverein Röderhof und das „Kunstschaufenster 2“ von Wieland Krause in Eilenstedt zu besichtigen.
    Die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ ist der Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Annie Francé-Harrar gewidmet, die seit den 50er Jahren auf die Zusammenhänge zwischen Vernichtung der Wälder und Klimaveränderungen aufmerksam machte. Beteiligt an der Ausstellung sind die Künstlerin Franziska Klose, die Künstler Olaf Wegewitz und Dietrich Oltmanns sowie der Lyriker André Schinkel.
    Im Obergeschoß ist eine Rauminstallation auf der Grundlage der vorjährigen „Kunstschaufenster“ von Marjam Diederich und Matthias Zielfeld zu sehen.
    Die Installation von Wieland Krause in Eilenstedt basiert auf einem Arbeitsaufenthalt im Huy, bei dem Tonaufnahmen in der Landschaft, Fieldrecordings, aufgenommen wurden. Auf der Grundlage dieser Aufnahmen entstanden Zeichnungen. Die Installation zeigt neben den Audioaufnahmen die Zeichnungen sowie eine Fotodokumentation der Orte, an denen die Aufnahmen entstanden sind.

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  • Der Kunstverein Röderhof zeigt das Projekt „Kunstschaufenster“ und die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“

    Seit Sonntag dem 26. Juli sind die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ im Kunstverein Röderhof und das „Kunstschaufenster 2“ von Wieland Krause in Eilenstedt zu besichtigen.
    Die Ausstellung „Wald, die letzte Chance“ ist der Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Annie Francé-Harrar gewidmet, die seit den 50er Jahren auf die Zusammenhänge zwischen Vernichtung der Wälder und Klimaveränderungen aufmerksam machte. Beteiligt an der Ausstellung sind die Künstlerin Franziska Klose, die Künstler Olaf Wegewitz und Dietrich Oltmanns sowie der Lyriker André Schinkel.
    Im Obergeschoß ist eine Rauminstallation auf der Grundlage der vorjährigen „Kunstschaufenster“ von Marjam Diederich und Matthias Zielfeld zu sehen.
    Die Installation von Wieland Krause in Eilenstedt basiert auf einem Arbeitsaufenthalt im Huy, bei dem Tonaufnahmen in der Landschaft, Fieldrecordings, aufgenommen wurden. Auf der Grundlage dieser Aufnahmen entstanden Zeichnungen. Die Installation zeigt neben den Audioaufnahmen die Zeichnungen sowie eine Fotodokumentation der Orte, an denen die Aufnahmen entstanden sind.

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  • Frühling 2020 _26 Wieland Krause

    Frühling 2020 _26 Wieland Krause

     
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  • Frühling 2020 _26 Wieland Krause

    Frühling 2020 _26 Wieland Krause

     
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  • Frühling 2020 _25 Thomas Blase

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  • Frühling 2020 _25 Thomas Blase

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  • PARTITUREN

    Martin Assig · Horst Bartnig · Irma Blank · Eberhard Blum · Heinz Breloh · Ludwig Ehrler · Ruth Francken · Günter Fruhtrunk · Hermann Glöckner · Wieland Krause · Edda Renouf

    Das Wort Partitur wurde aus dem italienischen Partitura abgeleitet und bedeutet Einteilung. Seine übliche Verwendung hat das Wort in der Musik, wo die einzelnen Stimmen einer Komposition in den jeweiligen Partituren aufgezeichnet sind. In dieser Ausstellung steht Partitur im übertragenen Sinne für Kunstwerke, die auf ähnliche Weise kompositorisch unterteilt und ineinander abgestimmt entstehen. Dieser Modus findet sich bei einzelnen und bei zusammengesetzten Werken, häufig charakterisiert er Bildreihen und –zyklen.

    Mit den beteiligten Künstler*innen dieser Ausstellung öffnet sich eine breite Spanne eigenständiger künstlerischer Handschriften zwischen gestisch offenen Expressionen und geometrisch disziplinierten Formationen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass den individuell-typischen Ausdrucksmitteln der jeweiligen Künstler*innen, seien es Linien, Leinwandknoten, Farben, Geometrien, Symbolen etc., elementare Ordnungssysteme unterliegen. Das 20. Jahrhundert kennt viele Wege, die Kunst aus elementaren, oft abstrakten Formen neu und komplex zusammenzusetzen, um zu einer unverbrauchten Bildsprache jenseits bestehender Traditionen vorzudringen. Offenkundig lenken uns die Künstler*innen weniger darauf, was wir darin wahrnehmen, sondern wie wir wahrnehmen.

    Die breit angelegte Auswahl dieser Werke hat einen gemeinsamen Hintergrund. Sie stammen fast ausnahmslos aus der Sammlung des Kunstmuseums Magdeburg und bezeugen, dass die Sammlungstätigkeit in den vergangenen Jahren erfreuliche Zuwächse verzeichnen konnte. Viele der Werke sind Schenkungen, beispielsweise von Ingvild Goetz, München, Eva-Maria Fruhtrunk, Paris, Ann Holyoke-Lehmann, Berlin, Jörn Merkert, Spatzenhausen, Gerlinde und Hans-Dieter Harig, Hannover, Ankäufe durch die Freunde und Förderer des Kunstmuseums oder Dauerleihgaben des Landes Sachsen-Anhalt und der Stiftung Kunst und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg. Angekauft werden konnte im Gegensatz dazu ein Werk von Ruth Francken durch den Freundeskreis des Kunstmuseums.

    Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg
    Regierungsstraße 4-6
    39104 Magdeburg
    Telefon: 0391 / 56 50 20
    kontakt[at]kunstmuseum-magdeburg.de

    Öffnungszeiten (gültig auch für den Museumsshop)
    Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr,
    Sonnabend und Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr
    Montag geschlossen.

  • PARTITUREN

    Martin Assig · Horst Bartnig · Irma Blank · Eberhard Blum · Heinz Breloh · Ludwig Ehrler · Ruth Francken · Günter Fruhtrunk · Hermann Glöckner · Wieland Krause · Edda Renouf

    Das Wort Partitur wurde aus dem italienischen Partitura abgeleitet und bedeutet Einteilung. Seine übliche Verwendung hat das Wort in der Musik, wo die einzelnen Stimmen einer Komposition in den jeweiligen Partituren aufgezeichnet sind. In dieser Ausstellung steht Partitur im übertragenen Sinne für Kunstwerke, die auf ähnliche Weise kompositorisch unterteilt und ineinander abgestimmt entstehen. Dieser Modus findet sich bei einzelnen und bei zusammengesetzten Werken, häufig charakterisiert er Bildreihen und –zyklen.

    Mit den beteiligten Künstler*innen dieser Ausstellung öffnet sich eine breite Spanne eigenständiger künstlerischer Handschriften zwischen gestisch offenen Expressionen und geometrisch disziplinierten Formationen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass den individuell-typischen Ausdrucksmitteln der jeweiligen Künstler*innen, seien es Linien, Leinwandknoten, Farben, Geometrien, Symbolen etc., elementare Ordnungssysteme unterliegen. Das 20. Jahrhundert kennt viele Wege, die Kunst aus elementaren, oft abstrakten Formen neu und komplex zusammenzusetzen, um zu einer unverbrauchten Bildsprache jenseits bestehender Traditionen vorzudringen. Offenkundig lenken uns die Künstler*innen weniger darauf, was wir darin wahrnehmen, sondern wie wir wahrnehmen.

    Die breit angelegte Auswahl dieser Werke hat einen gemeinsamen Hintergrund. Sie stammen fast ausnahmslos aus der Sammlung des Kunstmuseums Magdeburg und bezeugen, dass die Sammlungstätigkeit in den vergangenen Jahren erfreuliche Zuwächse verzeichnen konnte. Viele der Werke sind Schenkungen, beispielsweise von Ingvild Goetz, München, Eva-Maria Fruhtrunk, Paris, Ann Holyoke-Lehmann, Berlin, Jörn Merkert, Spatzenhausen, Gerlinde und Hans-Dieter Harig, Hannover, Ankäufe durch die Freunde und Förderer des Kunstmuseums oder Dauerleihgaben des Landes Sachsen-Anhalt und der Stiftung Kunst und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg. Angekauft werden konnte im Gegensatz dazu ein Werk von Ruth Francken durch den Freundeskreis des Kunstmuseums.

    Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg
    Regierungsstraße 4-6
    39104 Magdeburg
    Telefon: 0391 / 56 50 20
    kontakt[at]kunstmuseum-magdeburg.de

    Öffnungszeiten (gültig auch für den Museumsshop)
    Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr,
    Sonnabend und Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr
    Montag geschlossen.

  • Robert Lax erinnern

    Robert Lax erinnern

    ab 17.5.2020, sonntags von 14 bis 17 Uhr
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    Robert Lax    

    Lax Portrait

    (* 30. 11. 1915 in Olean, New York; † 26. 09. 2000 ebenda)

    Robert Lax war das Kind jüdischer Einwanderer aus Krakau, konvertierte aber 1943 zum römisch-katholischen Glauben. Der Poet und Philosoph gilt als einer der bedeutendsten minimalistischen Dichter des 20 Jahr-hunderts.

    Während seines Studiums 1934 bis 1938 an der Columbia University in New York City freundete sich Lax mit Thomas Merton, dem bekannten Trappisten-Mönch und Religionsphilosophen, an. Zum Freundeskreis am College gehörte Ad Reinhardt, später ein bedeutender Maler der New York School. Mit Jack Kerouac, Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Paul Bowles verbanden Lax in New York intensive Kontakte.

    1941 arbeitete Lax für die Zeitschrift „The New Yorker und in der sozialen Einrichtung Friendship House in New York. 1943 unterrichtete er Englisch an der University of North Carolina at Chapel Hill. Er begann dort 1944 ein Ph.D.-Studium der Philosophie; Thema seiner Dissertation war Thomas von Aquin. 1945 schrieb Lax Filmkritiken für das „Time Magazine und zog nach Hollywood. Von 1946 bis 1948 war er Drehbuchautor im Samuel Goldwyn-Filmstudio.

    Im Sommer 1949 reiste Lax als Clown mit dem Familienzirkus „Cristiani“ durch den kanadischen Westen. 1950/51 lebte er in Paris, wo er für das nur kurze Zeit bestehende „New Story“-Magazin arbeitete. Im Sommer 1951 besuchte er Rom und zog mit einem Zirkus durch Italien.

    Seine Zirkuserfahrungen spiegelt der 1959 erschienene Gedichtband „The Circus of the Sun“ wider, der zu seinen bedeutendsten Werken gehört. Diesen Gedichtband übersetzte der katholische Priester und spätere Kulturminister Nikaraguas Ernesto Cardenal ins Spanische.

    Im Jahr 1956 begann Lax, als bekennender Pazifist, mit der Publikation von „Pax“, einem „kleinen Literaturmagazin“. Die Ausgaben 1–18 erschienen bis 1962. Beiträge für diese Zeitschrift lieferten u. a. Jack Kerouac, e.e.cummings, Thomas Merton, Ad Reinhardt und Ernesto Cardenal.

    Lax besuchte 1962 zum ersten Mal Griechenland. Im Frühjahr 1964 ließ er sich auf der Insel Kalymnos nieder. 1974 übersiedelte er nach Patmos (die Insel der „Apokalypse des Johannes“) und lebte dort bis kurz vor seinem Tod als Eremit.

    Schwer erkrankt kehrte er 2000 in seine Heimatstadt Olean zurück.

     

     

    Jörg Kowalski
    AM BLAUEN RAND DER WELT
    hommage á Robert Lax                                                            
    Wo die Gefahr ist, wächstdas Rettende auch. (Hölderlin „Patmos“)

    der weg: überall zelte und menschen.
    mein taxi schiebt sich durch das flüchtlingslager am kai von Piräus.
    endlich auf der fähre nach Patmos.
    zurückblicken: der sonnenuntergang überstrahlt die kleiner werdenden zelte.
    dann nur noch das blau des meers.
    verdunklung: nachts im schiffsrestaurant. mir gegenüber sitzt ein sorgsam geklei-deter priester (das schwarz des anzugstoffes bedeckt vom gold seines schmucks), nippt am rotwein und bestellt einen zweiten salat: muße und genuss.
    ankommen: auf Patmos gibt es keine flüchtlinge, erklärt Nikolas, mein zimmer-vermieter, ungefragt als erstes, als er mich nachts um drei vor der fähre in empfang nimmt.
    die gelassenheit der vorsaison, auch im „Kafeneion“ am hafen von Skala.
    alte männer streichen vor dem restaurant nebenan stühle:
    hellblau in den farben des himmels.
    slow down, come back to life.
    Robert Lax war hier: fünfundzwanzig jahre allein auf der insel
    inmitten seines aufwendig verknappten netzwerks.
    ein gewiefter eremit,
    ein artist des überhaupt-nichts-suchen.
    sein geheimnis: die darbietung karger poesie an der grenze zur selbstverleugnung:
    die weisheit des unterlassens als glücksmoment.
    worte kostbar, wie tropfen aus einem verstopften wasserhahn.
    marginal die wahrnehmung des alltäglichen daseins.
    konzentriere dich:
    licht und schatten
    stein und wasser
    enge und weite
    – derartige wechsel genügen als stimulanz völlig.
    da sein
    auf nichts warten
    nichts erwarten:
    eine chance klopft nur ein einziges mal
    sitz still und sie wird weitergehen

    auf der suche: spuren und verflechtungen.
    unio mystica oder der versuch zu begreifen.
    gefunden: nichts erinnert mehr an Lax. vergessen, vorbei. niemand weiß wo er lebte. nach tagen dann doch ein hinweis auf das winzige haus am hang, hoch über dem hafen: geweißte wände und das kräftige blau der fenster.
    das haus steht seit seinem tod leer. auf der terrasse sonnen sich noch immer katzen, wie auf den alten fotos.
    hinter dem laxhaus der steile aufstieg
    zu den steingefassten weiden und gärten.
    aussicht auf geröllflächen mit kargem bewuchs
    vor dem dunklen blau des meeres.
    der horizont verschwimmt
    in der gleißenden sonne.
    nichts lenkt ab
    nur weite und traum
    ausharren
                     alles
    auf sich zu
                     kommen lassen.
    ein wort
                     pro tag genügt:
    ZEITLOS
    manchmal ist auch dieses eine wort
    schon zu viel.
    reduktion: genaugenommen kann man auch sich
                     weglassen.
    nachricht: das lager in Piräus wurde geräumt.
    die gleichzeitigkeit des nicht zu vereinbarenden.
    abschalten.
    vision: auf halber strecke zum gipfel
    die höhle der empfängnis:
    heilige dreifaltigkeit: risse im deckgebirge
    in form eines mercedessterns:
    apokalypse now!
    dann das Johanneskloster: …was du sihest / das schreibe in ein buch.
    wozu dieser aufwand?
    nichts mehr suchen
    nichts mehr erklären
    alle spuren verwischen.
    auf der klippe am hafen leuchtet nachts ein riesiges neonkreuz: violett.
    Pan lebt und lauert mit seinem gelächter zwischen den felsen…

     

    Robert Lax als Clown im Zirkus Cristiani 1949